Abmahnung

1.    Was ist eine Abmahnung?

Unter einer Abmahnung versteht man die Beanstandung von Leistungsmängeln durch den Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer in Verbindung mit dem Hinweis, im Wiederholungsfalle seien Inhalt oder Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet. Es handelt sich somit um den Ausdruck der Missbilligung eines Verhaltens unter Inaussichtstellen der Kündigung für den Fall, dass das Verhalten nicht geändert wird.

Die Abmahnung erfüllt einerseits eine Erinnerungsfunktion, durch die der Arbeitnehmer an seine vertraglichen Pflichten erinnert, andererseits eine Warnfunktion, durch die der Arbeitnehmer vor möglichen Konsequenzen gewarnt werden soll.

Als Rechtsgrundlage für die Abmahnung gilt der in § 314 Abs. 2 BGB konkretisierte Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Hierdurch wird deutlich, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer vor einer Kündigung die Gelegenheit geben muss, sein Verhalten zu ändern.

 

2.    Hat eine Abmahnung vor jeder Kündigung zu erfolgen?

Eine Abmahnung hat grundsätzlich nur im Rahmen des normierten Kündigungsschutzes  zu erfolgen. Folglich setzt eine verhaltensbedingte Kündigung des Arbeitnehmers außerhalb des Anwendungsbereichs des KSchG keine Abmahnung voraus. Eine Ausnahme hiervon kann sich nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) ergeben, wenn der Arbeitgeber mit der Kündigung seinem bisherigen Verhalten widersprechen würde.

 

3.    Welche Wirksamkeitsvoraussetzungen hat eine Abmahnung?

Die Abmahnung kann nur durch die Vorgesetzten ausgesprochen werden, die nach ihrer Aufgabenstellung berechtigt sind dem Arbeitnehmer Anweisungen wegen der geschuldeten Arbeitsleistung zu erteilen. Nicht erforderlich ist, dass es sich um eine zur Kündigung berechtigte Person handelt. Der Arbeitgeber kann die Abmahnungsberechtigung auf einen bestimmten Kreis der Vorgesetzten begrenzen.

Gesetzliche Formvorschriften für die Abmahnung bestehen nicht. Sie kann somit mündlich oder schriftlich erfolgen, wobei sich die Schriftform empfiehlt, da so der Inhalt der Abmahnung explizit feststeht.

Inhaltlich muss die Abmahnung eindeutig und bestimmt formuliert sein. Daraus ergibt sich, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer seine Beanstandungen in klar erkennbarer Art und Weise vorbringen und damit deutlich den Hinweis verbinden muss, im Wiederholungsfall sei der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet. Beispielsweise muss bei einer Abmahnung wegen der Unpünktlichkeit des Arbeitnehmers der Tag und die Stunde angegeben werden. Eine pauschale Begründung wie „unpünktlich“ genügt nicht.

Die Abmahnung muss außerdem dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen. Demnach kann sie unwirksam sein, wenn sie aus ganz geringfügigem Anlass ausgesprochen wird.

Der Ausspruch der Mahnung ist an keine feste Frist gebunden. Dem Arbeitgeber steht es grundsätzlich frei, ob und wann er eine Abmahnung ausspricht. Die Wirkungen einer Mahnung nehmen jedoch ab, je länger der Arbeitgeber wartet.

Keine wirksame Abmahnung stellt eine vorweggenommene Kündigungsandrohung dar. Diese kann durch Rundschreiben erfolgen oder im Arbeitsvertrag festgehalten werden. Eine vorweggenommene Abmahnung enthält den Hinweis des Arbeitsgebers, dass er ein bestimmtes Verhalten nicht duldet und die Kündigung für den Fall der Pflichtwidrigkeit ankündigt.

 

4.    Was ist bei einer Kündigung zu beachten?

Die Abmahnung ist gegenüber der Kündigung stets als milderes Mittel in Betracht zu ziehen. Sie stellt ein solches dar, wenn sie dazu geeignet ist, den mit der Kündigung angestrebten Zweck zu erreichen.

Die für eine wirksame Kündigung erforderliche negative Prognose setzt regelmäßig eine Abmahnung voraus. Liegt eine Abmahnung vor und verletzt der Arbeitnehmer die vertragliche Pflicht erneut, kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, es werde auch zukünftig zu Vertragsstörungen kommen. Nicht erforderlich ist eine bestimmte Anzahl von Abmahnungen.

Erforderlich ist eine Abmahnung bei jedem steuerbaren Verhalten des Arbeitnehmers. Bei personenbedingten Gründen ist eine Abmahnung dann erforderlich, wenn der Arbeitnehmer die Bereitschaft zeigt, an der möglichen Behebung des personenbedingten Leistungshindernisses mitzuwirken.

Zu beachten ist außerdem, dass eine Vielzahl von Abmahnungen wegen der gleichen Pflichtverletzung, denen keine Konsequenzen folgen, die Warnfunktion abschwächen können. Die Abmahnung kann ihren Zweck nur erfüllen, sofern der Arbeitnehmer die Drohung ernst nehmen muss. Folglich darf es sich nicht um eine leere Drohung handeln.

Ebenfalls zu beachten ist, dass im Falle einer Kündigung die Vertragsverletzungen gleichartig sein müssen. Das Vorliegen von identischen Pflichtverletzungen ist hingegen nicht erforderlich. Es ist ausreichend, dass der Arbeitnehmer seine vertraglichen Pflichten verletzt und wegen gleichartiger Pflichtverletzungen schon einmal abgemahnt worden ist. Abmahnungs- und Kündigungsgrund müssen in einem inneren Zusammenhang stehen.

Es besteht jedoch auch die Möglichkeit der Entbehrlichkeit einer Abmahnung. Sie ist unter anderem dann entbehrlich, wenn der Arbeitnehmer nicht in der Lage oder nicht willens ist, sich vertragsgetreu zu verhalten. Es muss also zu erwarten sein, dass zukünftig selbst nach der Abmahnung eine Verhaltensänderung nicht zu erwarten ist. Darüber hinaus kann die Abmahnung entbehrlich sein, wenn eine Kündigung nach Abwägung aller Umstände angesichts von Art, Schwere und Folgen der Pflichtverletzung billigenswert und angemessen erscheint, dem Arbeitnehmer die Rechtswidrigkeit der Pflichtwidrigkeit erkennbar ist und er mit deren Billigung durch den Arbeitgeber nicht rechnen konnte.

Abschließend ist zu beachten, dass der Arbeitgeber durch den Ausspruch der Abmahnung grundsätzlich zunächst auf das Recht der Kündigung aus den Gründen, wegen derer die Abmahnung erfolgt, verzichtet. Ein solcher Verzicht kann allerdings nur dann angenommen werden, wenn die Vertragsrüge deutlich und unzweifelhaft erkennen lässt, dass der Arbeitgeber den vertraglichen Pflichtverstoß durch die Abmahnung als ausreichend sanktioniert ansieht. Das Recht des Arbeitgebers bei neuen oder anderen Pflichtverletzungen zu kündigen bleibt unberührt.

 

5.    Wie lange wirkt eine Abmahnung?

Die Abmahnung verliert ihre Warn- und Androhungsfunktion, wenn der Arbeitnehmer für eine längere Zeit seinen arbeitsvertraglichen Pflichten genügt oder der Arbeitgeber weitere Pflichtverletzungen unbeanstandet hinnimmt. Hieraus kann sich ergeben, dass bei einer länger zurückliegenden Abmahnung vor einer Kündigung eine neue Abmahnung ausgesprochen werden muss. Die ältere Abmahnung behält allerdings ihre Bedeutung für die abschließende Interessenabwägung.

 

6.    Können Betriebsratsmitglieder abgemahnt werden?

Verstößt ein Betriebsratsmitglied gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag, besteht auch hier die Möglichkeit einer Abmahnung. Ausgeschlossen ist eine Abmahnung jedoch wegen der berechtigten Wahrnehmung von einer Betriebsratstätigkeit.