Direktionsrecht des Arbeitgebers (Weisungsrecht)

1.    Was ist das Direktionsrecht des Arbeitgebers?

Oft ist die vom Arbeitnehmer zu erbringende Tätigkeit im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschrieben. In diesem Fall obliegt es nach § 106 S. 1 GewO dem Arbeitgeber, Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher zu bestimmen. Konkret bedeutet dies, dass der Arbeitgeber das Recht hat, dem Arbeitnehmer Arbeitsanweisungen zu geben, die sich auf die Art und Weise, den Ort und die Zeit der Arbeit beziehen. Das schließt auch die Möglichkeit ein, Weisungen zu erteilen, die von der bisherigen Tätigkeit des Arbeitnehmers abweichen.

Das Direktionsrecht ist ein wichtiges Instrument zur Organisation und Steuerung der betrieblichen Abläufe und damit auch zur Erfüllung der betrieblichen Ziele. Der Arbeitgeber muss jedoch darauf achten, dass er das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers nicht verletzt und die Weisungen nicht unverhältnismäßig sind. Ebenfalls zu beachten sind mögliche Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträge sowie die gesetzlichen Vorschriften.

Das Direktionsrecht nach § 106 S. 1 GewO ist übertragbar und muss somit nicht zwangsläufig durch den Betriebsinhaber selbst ausgeübt werden.

Wichtig ist, dass das Direktionsrecht den Arbeitgeber nicht zu einer Änderung des Vertragsinhalts, sondern nur zur Konkretisierung des vertraglich vereinbarten Tätigkeitsinhalts berechtigt.

Der Arbeitgeber kann sein Direktionsrecht immer wieder neu ausüben.

 

2.    Was fällt in den Bereich des Direktionsrechts?

Grundsätzlich gilt: Je allgemeiner die vom Arbeitnehmer zu erbringenden Leistungen im Arbeitsvertrag geregelt sind, desto weiter geht das Recht des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer unterschiedliche Aufgaben im Wege des Direktionsrechts zuzuweisen. Im Umkehrschluss daraus, wird die Befugnis zur Weisung bei einer engen Bestimmung der Tätigkeit eingeschränkt.

Die Grenzen des Direktionsrechts ergeben sich folglich aus dem Arbeitsvertrag. Es konkretisiert den Ort, die Art sowie die Zeit der Arbeitsleistung. Darüber hinaus sind solche Pflichten erfasst, deren Erfüllung unausweichlich ist, um den Austausch der vertraglichen Hauptleistungen zu ermöglichen (sog. leistungssichernde Verhaltenspflichten).

Das Direktionsrecht umfasst nicht die Höhe des Entgelts sowie den Umfang der geschuldeten Arbeitsleistung. Aus diesem Grund ist es auch nicht als Instrument zur Einführung von Kurzarbeit geeignet.

 

3.    Kann das Direktionsrecht vertraglich beschränkt werden?

Ja. Es steht den Arbeitsvertragsparteien frei, das Weisungsrecht des Arbeitgebers durch eine hinreichend deutliche arbeitsvertragliche Regelung zu beschränken. Eine solche Beschränkung kann sich auch aus dem angegebenen Berufsbild ergeben.

Zu beachten ist, dass sich der Arbeitgeber bei der Ausübung seines Weisungsrechts durch vorherige Zusagen auch selbst binden kann.

 

4.    Kann das Direktionsrecht anderweitig entfallen?

Ja. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers kann entfallen, wenn sich Arbeitspflichten des Arbeitnehmers auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren. Hierfür ist erforderlich, dass besondere Umstände hinzutreten, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll. Der bloße Zeitablauf ist hierfür allerdings nicht ausreichend. Es ist nicht interessengerecht, wenn der Arbeitgeber dazu verpflichtet wäre, den Arbeitnehmer in bestimmten zeitlichen Abständen darauf hinzuweisen, dass er weiterhin beabsichtige, von seinem Direktionsrecht Gebrauch zu machen. Der Nichtausübung des Direktionsrecht kann somit kein Erklärungswert entnommen werden.

 

5.    Was versteht man unter „billigem Ermessen“?

Gemäß § 106 S. 1 GewO hat der Arbeitgeber sein Weisungsrecht gegenüber dem Arbeitnehmer nach billigem Ermessen auszuüben. Daraus folgt, dass er zur Abwägung der wechselseitigen berechtigen Interessen verpflichtet ist. Dabei sind die betroffenen Interessen so zusammenzuführen, dass die geschützten Rechtspositionen für alle Vertragsparteien möglichst weitegehend wirksam werden.

Innerhalb der Interessenabwägung hat der Arbeitgeber unter anderem schutzwürdige familiäre Belange des Arbeitnehmers, das Diskriminierungsverbot des AGG sowie die höchstzulässigen Arbeitszeiten zu beachten.

Der Weisung des Arbeitgebers kommt innerhalb der Abwägung besonderes Gewicht zu, wenn sie auf einer unternehmerischen Entscheidung beruht. Im Ergebnis kommt es aber trotzdem darauf an, dass das Interesse des Arbeitgebers an der Durchsetzung seiner Entscheidung das Interesse des Arbeitnehmers überwiegt.

 

6.    Was gilt, wenn eine Weisung nicht dem billigen Ermessen entspricht?

Grundsätzlich gilt, dass ein Arbeitnehmer an eine Weisung des Arbeitgebers nicht gebunden ist, sofern sie die Grenzen des billigen Ermessens überschreitet. In einem solchen Fall besteht auch keine Verpflichtung des Arbeitnehmers, sich gegen eine unbillige Weisung zu wehren. Er kann sie auch hinnehmen. Diesbezüglich ist allerdings zu beachten, dass er hierdurch sein Recht zur Geltendmachung der Unbilligkeit verwirken kann.

Ebenfalls ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer, der eine Weisung als unbillig ansieht und deshalb keine Arbeitsleistung erbringt, das Risiko trägt, dass das Gericht im Rahmen der Prüfung seine Einschätzung nicht teilt. Kommt das Gericht zum Ergebnis, dass die Weisung dem billigen Ermessen entspricht, kann der Arbeitgeber Sanktionen aussprechen und der Arbeitnehmer verliert seinen Vergütungsanspruch.

Stellt das Gericht jedoch fest, dass die Weisung unbillig ist, hat der Arbeitgeber im Wege des Schadensersatzes die Vergütung zu leisten, ohne einen Nachleistungsanspruch zu haben. Im Falle einer Versetzung die sich als unbillig herausstellt, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Beschäftigung zu den bisherigen Bedingungen.