Eingruppierungsrecht

1.    Was versteht man unter dem Begriff der „Eingruppierung“?

Der Begriff „Eingruppierung“ umfasst die erstmalige Zuordnung einer Tätigkeit eines Arbeitnehmers zu den Tätigkeitsmerkmalen einer Entgeltgruppe einer kollektiven Entgeltordnung, die für das Arbeitsverhältnis entscheidend ist. Im Gegensatz dazu handelt es sich bei der „Umgruppierung“ um eine Neubestimmung, bei der die bisherige Zuordnung zu einer Entgeltgruppe nicht mehr zutreffend ist. Gründe dafür können abweichende rechtliche Bewertungen durch den Arbeitgeber, Änderungen in der Entgeltordnung oder Veränderungen in der Tätigkeit des Arbeitnehmers sein. Die Umgruppierung kann sowohl als Höher- als auch als Rückgruppierung erfolgen.

Bei Ein- und Umgruppierungen sind die Mitwirkungsrechte des Betriebsrats und des Personalrats zu beachten, unabhängig davon, ob die Tätigkeit unverändert bleibt oder nicht.

 

2.    Wie erfolgt die Eingruppierung im öffentlichen Dienst?

Das Thema der Eingruppierung ist vor allem im öffentlichen Dienst von großer Bedeutung, insbesondere im Hinblick auf das Tabellenentgelt für Beschäftigte von Bund, Ländern und Kommunen. Nach dem Ende des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT) wurden zum 1.10.2005 der TVöD/Bund und der TVöD/VKA für die Kommunen eingeführt. In den Ländern wurde der BAT am 1.11.2006 durch den TV-L ersetzt, mit Ausnahme von Hessen und Berlin. In Hessen wurde ein eigenständiger Tarifvertrag (TV-H) geschlossen, während in Berlin mit dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten des Landes Berlin in das Tarifrecht der TdL (TV Wiederaufnahme Berlin) die Rückkehr in die Tarifgemeinschaft deutscher Länder eingeleitet wurde.

 

2.1      Wie erfolgt die Eingruppierung nach TVöD und TV-L?

Die Vergütung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst richtet sich nach der Entgeltgruppe, in die sie eingruppiert sind, wie in § 15 Abs. 1 S. 2 TVöD bzw. TV-L festgelegt. Hierfür müssen die Beschäftigten aufgrund ihrer Tätigkeit die objektiven und subjektiven Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals erfüllen, das der von ihnen beanspruchten Entgeltgruppe zugeordnet ist. Die Vergütung erfolgt entsprechend der Entgeltgruppe, deren Tätigkeitsmerkmale die gesamte, von ihnen nicht nur vorübergehend ausgeübte Tätigkeit entspricht. Dies sind zentrale Bestimmungen zur Eingruppierung gemäß § 12 Abs. 2 TVöD im Bereich des Bundes und der Kommunen sowie § 12 Abs. 1 des TV-L im Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL), die in den Unterabschnitten und Protokollerklärungen weitere Präzisierungen enthalten.

Im Bereich des Bundes und der Länder sind nach wie vor umfangreiche Tätigkeitsmerkmale in den Vergütungsordnungen der Anlagen A zum TV-L im Bereich der Länder, des TV EntgO Bund und der EGO VKA maßgebend. Diese Vergütungsordnungen sind in Tätigkeitsmerkmale untergliedert, die auch als Fallgruppen bezeichnet werden können. Die Systematik wurde im Grundsatz auch für die neue Entgeltordnung des TV-L beibehalten.

 

2.1.1     Auszuübende Tätigkeit

Die maßgebende Bewertungsgrundlage für die Eingruppierung des Arbeitnehmers ist die vertraglich auszuübende Tätigkeit, nicht die tatsächlich ausgeübte. Entscheidend sind folglich die dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber aufgrund des Arbeitsvertrages und im Wege des Direktionsrechts übertragenen Tätigkeiten. Die Übertragung muss darüber hinaus durch einen zuständigen Vorgesetzten erfolgen. Zu berücksichtigen sind dabei auch die Beteiligungspflichten von etwaig zuständen Stellen für Personalangelegenheiten.

Erforderlich ist darüber hinaus, dass die Tätigkeit dem Arbeitnehmer nicht nur zur vorübergehenden Ausübung übertragen worden ist. So berechtigt beispielsweise die zeitweise Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nur zu einem Anspruch auf eine Zulage nach § 14 TVöD/TV-L, nicht zu einer neuen Eingruppierung.

Aus § 13 TVöD/TV-L ergibt sich weiterhin, dass eine Eingruppierung in die höhere Entgeltgruppe bei veränderter Tätigkeit erst nach sechsmonatiger Ausübung der „neuen“ Tätigkeit erfolgt.

 

2.1.2     Arbeitsvorgang

Die Eingruppierung richtet sich grundsätzlich nach den § 12 TVöD/TV-L. Nach Abs. 2 S. 1-2 bzw. Abs. 1 S. 3-4 entspricht die gesamte auszuübende Tätigkeit dem Tätigkeitsmerkmal einer Vergütungsgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppe erfüllen.

Unter dem Begriff des Arbeitsvorgangs ist unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer vernünftigen, sinnvollen praktischen Verwaltungsübung eine nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und tarifrechtlich selbständig bewertbare Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Beschäftigten zu verstehen. Ein einheitlicher Arbeitsvorgang kann insbesondere bei Leitungstätigkeiten angenommen werden.

Für eine zutreffende Eingruppierung sind somit zunächst die Arbeitsvorgänge anhand des auszuübenden Aufgabenkreises festzustellen. Danach erfolgt eine tarifliche Bewertung der einzelnen Vorgänge. Im Anschluss sind die Arbeitsvorgänge, die einer bestimmten Entgeltgruppe zuzuordnen sind, mit ihren zeitlichen Anteilen zusammenzurechnen. Ergibt sich hieraus, dass mindestens zur Hälfte der Arbeitszeit Arbeitsvorgänge einer bestimmten Entgeltgruppe entsprechen, ist der Arbeitnehmer in diese einzugruppieren.

 

2.1.3     Ermittlung der maßgebenden Entgeltgruppe

Nach Ermittlung der jeweiligen Arbeitsvorgänge, ist jeder davon tariflich gesondert zu bewerten und einer Entgeltgruppe zuzuordnen. Für den Fall, dass ein Arbeitsvorgang Teiltätigkeiten enthält, die verschiedenen Tätigkeitsmerkmalen zugeordnet werden können, sind die prägenden Teiltätigkeiten ausschlaggebend. Ausnahmsweise kann jedoch auch eine zusammenfassende Beurteilung von Arbeitsvorgängen notwendig sein, wenn die Erfüllung einer tariflichen Anforderung erst bei einer zusammenfassenden Betrachtung aller Arbeitsvorgänge beurteilt werden kann. Hierdurch wird gewährleistet, dass einem Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes die Qualifizierung zugutekommt, die sich daraus ergibt, dass er mehrere Tätigkeiten nebeneinander ausübt, bei denen sich erst aus deren Summierung die Erfüllung bestimmter tariflicher Merkmale ergibt.

Bei der Bewertung der Arbeitsvorgänge ist das sog. Aufspaltungsverbot zu beachten. Hiernach ist jeder einzelne Vorgang als solcher zu betrachten und darf hinsichtlich der Anforderungen nicht weiter aufgespalten werden. Ebenfalls zu beachten ist der sog. Spezialitätsgrundsatz. Danach hat bei einer Konkurrenz zwischen einem allgemeinem und einem speziellen Tätigkeitsmerkmal das spezielle Vorrang. Eine Eingruppierung nach den allgemeinen Merkmalen kann dann nicht mehr erfolgen.

Besteht ein einheitlicher Arbeitsvorgang, ergibt dessen Bewertung die Entgeltgruppe. Für den Fall, dass sich die Tätigkeit aus verschiedenen Arbeitsvorgängen zusammensetzt, sind die Arbeitsvorgänge, die der gleichen Entgeltgruppe zuzuordnen sind, mit ihren Zeitanteilen zusammenzurechnen. Stellen sie zusammen mindestens die Hälfte der Gesamtarbeitszeit dar, ist der Beschäftigte in diese Entgeltgruppe eingruppiert. Sind Arbeitsvorgänge mit 50% der einen und mit 50% der anderen Entgeltgruppe zuzuordnen, ist der Arbeitnehmer in der höheren Entgeltgruppe einzugruppieren. Erreicht kein Arbeitsvorgang die Hälfte der Arbeitszeit, ist unter Einbeziehung der zeitlichen Anteile aus höheren Entgeltgruppen diejenige Entgeltgruppe ausschlaggebend, unter deren Hinzuziehung sich ein Zeitanteil von mindestens 50% ergibt.

 

2.2      Wie erfolgt die Eingruppierung von Ärzten?

Die öffentlichen Arbeitgeber und der Marburger Bund haben im Jahr 2006 durch Abschluss des TV-Ärzte/VKA für die kommunalen Krankenhäuser und den TV-Ärzte/TdL für die Universitätskliniken der Länder neue Eingruppierungsbestimmungen und Tätigkeitsmerkmale für Ärzte geschaffen, die insbesondere Aufgaben der Patientenversorgung wahrnehmen.

Der TVöD/VKA regelt im Teil B, Abschnitt II EGO VKA zwei Entgeltgruppen mit Entgeltstufen für Ärzte sowie Zahnärzte (Entgeltgruppe 14 und 15 EGO VKA). Der § 41 Nr. 7 TV-L sowie die Tarifverträge unter Beteiligung des Marburger Bundes enthalten hingegen vier Entgeltgruppen (§ 16 TV-Ärzte/VKA; § 12 TV-Ärzte/TdL). Unterschiede ergeben sich bei den Eingruppierungsbestimmungen. Nach § 15 TV-Ärzte/VKA entspricht die gesamte auszuübende Tätigkeit den Tätigkeitsmerkmalen einer Entgeltgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge entfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals erfüllen. Hier gelten die oben ausgeführten Grundsätze zur Eingruppierung. Die mit der Tarifgemeinschaft der Länder geschlossenen Tarifverträge stellen nicht mehr auf den Arbeitsvorgang ab, sondern auf die „mindestens zur Hälfte auszuübende Tätigkeit“.

Die mit dem Marburger Bund geschlossenen Tarifverträge für Ärzte im öffentlichen Dienst enthalten außerdem erstmalig das Tätigkeitsmerkmal „Oberarzt“. Entscheidend für dieses Merkmal ist nicht der verliehene Titel, sondern die tatsächlich auszuübende Tätigkeit.

 

2.3      Wie erfolgt die Eingruppierung von Lehrkräften?

Nach § 1 Abs. 2 lit. b TV EntgO Bund gelten im Bereich des Bundes und der VKA nach den Grundsätzlichen Eingruppierungsregelungen Nr. 8 die tariflichen Entgeltregelungen nicht für Lehrkräfte, soweit nicht ein besonderes Tätigkeitsmerkmal vereinbart ist (zB für Lehrkräfte in der Pflege). Im Bereich der Länder gilt seit dem 1.8.2015 erstmals etwas anderes, da es hier zu einer tariflichen Regelung gekommen ist.

 

2.3.1     Wie erfolgt die Eingruppierung von Lehrkräften im Bereich des Bundes/der Kommunen?

Da die Vergütungs- und Entgeltordnungen für Lehrkräfte im Bereich des Bundes und der Kommunen nicht gelten, können die Regelungen der §§ 12, 13 TVöD nicht angewendet werden. Die Vergütung bestimmt sich regelmäßig nach den Eingruppierungsrichtlinien, insbesondere VKA, die von der Arbeitgeberseite einseitig erlassen worden sind. Anwendbar sind diese Richtlinien jedoch nur, wenn die Vertragsparteien dies arbeitsvertraglich bestimmt haben. Haben die Parteien keine vertragliche Vergütungsabrede getroffen, kann die Lehrkraft eine Vergütung in Anwendung des § 612 Abs. 1 BGB nach der einschlägigen Beamtenbesoldung verlangen.

Zu unterscheiden sind bei der Eingruppierung von Lehrern sog. „Erfüller“ und „Nichterfüller“. Ein „Erfüller“ erfüllt im Gegensatz zum „Nichterfüller“ die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis. In Bezug auf die „Erfüller“ wird in den Richtlinien im Wesentlichen auf das Besoldungsrecht der Beamten verwiesen. Demgegenüber wird die Tätigkeit von „Nichterfüllern“ unmittelbar einzelnen Entgeltgruppen des öffentlichen Dienstes zugewiesen.

Zu beachten ist die nach den Lehrerrichtlinien gebotene Gleichbehandlung von angestellten und beamteten Lehrern. Danach kann ein angestellter Lehrer nur eine Höhergruppierung verlangen, sofern er als Beamter in einer vergleichbaren Situation einen Anspruch auf Beförderung hätte. Entsprechendes gilt bei einer Herabgruppierung eines angestellten Lehrers.

 

2.3.2     Wie erfolgt die Eingruppierung von Lehrkräften im Bereich der Länder?

In den Mitgliedsländern der TdL richtet sich die Eingruppierung von Lehrkräften an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen nach dem Tarifvertrag über die Eingruppierung und die Entgeltordnung für die Lehrkräfte der Länder (TV EntgO-L).

Die Eingruppierung erfolgt gemäß § 12 TV-L in der Fassung des § 3 TV EntgO-L nach der Anlage zum TV EntgO-L. Hiernach gilt für die Einordnung der Grundsatz der Tarifautomatik. Es ist mithin zu bestimmen, in welche Besoldungsgruppe die Lehrkräfte eingestuft wären, wenn sie in ein Beamtenverhältnis übernommen worden wären. Dieser Besoldungsgruppe ordnet die TV-L sodann eine Entgeltgruppe zu.

 

3.    Was versteht man unter der korrigierenden Rückgruppierung?

Dem Arbeitgeber können bei der Ermittlung der zutreffenden Entgeltgruppe Fehler unterlaufen, aufgrund dessen der Arbeitnehmer einer zu hohen Entgeltgruppe zugeordnet wird. Ein solcher Fehler kann im Wege der sog. korrigierenden Rückgruppierung rückgängig gemacht und ein tarifgemäßer Zustand hergestellt werden.

Zu unterscheiden ist der Fall einer bewussten Eingruppierung in eine zu hohe Entgeltgruppe. In diesem Fall kann eine Herabgruppierung nur durch eine einzelvertragliche Vereinbarung oder eine Änderungskündigung erfolgen.