Organmitglieder

1.       Was ist ein Organmitglied?

Juristische Personen und Personenvereinigungen sind nach dem deutschen Recht grundsätzlich als Rechtssubjekt einer natürlichen Person gleichgestellt. Sie können allerdings im Außenverhältnis nicht eigenständig handeln. Aus diesem Grund werden Organe gebildet, durch die die juristische Person Zugang zum Rechtsverkehr erhält. Durch die Organe wird eine Personenvereinigung tatsächlich handlungsfähig. Beispielhaft zu nennen sind hier der Vorstand und die Mitgliederversammlung als Organe des Vereins oder der Vorstand, der Aufsichtsrat und die Hauptversammlung als Organe der Aktiengesellschaft. Die jeweiligen Organe bestehen aus natürlichen Personen, die sogenannten Organmitglieder.

Streng voneinander zu trennen sind die Bestellung zum Organ und die Anstellung des Organs.

 

2.       Welche Besonderheiten gelten bei der Bestellung?

Bei einer Aktiengesellschaft gilt folgende Besonderheit: Sollte der Aufsichtsrat die Entscheidungen über einen Anstellungsvertrag einem aus seiner Mitte bestehenden Ausschuss übertragen haben, darf dieser die dem Gesamtorgan vorbehaltene Bestellung nicht durch einen vorgehenden Abschluss des Anstellungsvertrags unterwandern.

Im Falle einer mitbestimmten GmbH ist sowohl für die Bestellung als auch die Anstellung des Geschäftsführers der Aufsichtsrat zuständig. Hingegen ist im Falle der nicht mitbestimmten GmbH die Anstellung Sache der Gesellschafterversammlung (§ 46 Nr. 5 GmbHG). Dies gilt entsprechend für Ergänzungen und Änderungen des Vertrages.

Für Genossenschaften ist gemäß § 39 I GenG der Aufsichtsrat dazu ermächtigt, Verträge mit Vorstandsmitgliedern abzuschließen und durch Kündigung zu beenden. Eine Ausnahme gilt bei sachlichen Kollisionen. In diesem Fall hat die Generalversammlung Vorrang.

 

3.       Sind Organmitglieder Arbeitnehmer?

Grundsätzlich sind Organmitglieder nicht als Arbeitnehmer zu qualifizieren, da durch die Organe die oberste Weisungsbefugnis einer Gesellschaft ausgeübt wird. Darüber hinaus sind Organe weisungsunabhängig und stehen regelmäßig in einer Interessenkollision zur Arbeitnehmerschaft. Organmitglieder sind kraft Gesetzes zur Vertretung der jeweiligen juristischen Person berechtigt (§ 78 I AktG, § 35 I GmbHG). Ebenfalls lässt sich keine Arbeitgebereigenschaft daraus ableiten, dass beispielsweise der Vorstand einer Aktiengesellschaft unter der Aufsicht des Aufsichtsrates steht (§§ 84 III, 111 AktG) oder ein GmbH-Geschäftsführer gegenüber den Gesellschaftern weisungsgebunden ist (§ 37 GmbHG). Letztlich üben die Organmitglieder zumindest im Außenverhältnis die Weisungsbefugnis aus und bilden somit den sozialen Gegenpart zu der Arbeitnehmerschaft.

Etwas anderes kann sich im Innenverhältnis zur Gesellschaft ergeben. Hier können sich gerade auf europarechtlicher Ebene Besonderheiten bestehen. So kann beispielsweise bei Vorliegen einer Weisungsgebundenheit und einem damit einhergehenden Subordinationsverhältnis (Unterordnungsverhältnis) der unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff zu bejahen sein, wodurch dann beispielsweise der Schutz nach der RL 92/85/EWG im Falle einer Schwangerschaft bestünde. Ausreichend hierfür ist ein eigener Entscheidungsspielraum des Gesellschaftsorgan in der Wahrnehmung seiner Aufgaben, das Organ aber nach Weisung oder unter Aufsicht des übergeordneten Organs handelt und von diesem jederzeit abberufen werden kann. Das Vorliegen der Arbeitnehmereigenschaft auf unionsrechtlicher Ebene ist jedoch immer für jede Norm gesondert zu prüfen, da sie nicht einheitlich definiert wird.

Die Anwendbarkeit des KSchG bestimmt sich nach dem nationalen Arbeitnehmerbegriff, sodass dieses gemäß § 14 Abs. 1 KSchG grundsätzlich keine Geltung für Organmitglieder hat. Ausnahmen bestehen unter anderem bei dem Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH. Dieser kann Arbeitnehmer der GmbH & Co. KG sein. Dies gilt auch für den nicht alleinvertretungsberechtigten weisungsabhängigen Mitgeschäftsführer einer Mehrpersonen-Geschäftsführung. Hier ist allerdings zu beachten, dass dies nur insofern gilt, als der Geschäftsführer nicht aufgrund seiner Kapitalbeteiligung maßgeblichen Einfluss auf die Beschlussfassung der Gesellschafter hat. Ausschlaggebend sind die Stimmrechtsverhältnisse. Als Faustregel gilt, dass eine Arbeitnehmereigenschaft ab 50% der Stimmrechte nicht mehr anzunehmen ist. Eine weitere Ausnahme besteht für den Geschäftsführer einer konzernabhängigen Gesellschaft. Dieser kann Arbeitnehmer der Obergesellschaft sein.

 

4.       Bestehen weitere arbeitsrechtliche Besonderheiten?

Bezüglich Organmitgliedern stellt sich im Lichte des Arbeitsrechts unter anderem die Frage, ob das bisherige Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitnehmer beendet wird, sofern dieser zu einem Organmitglied bestellt wird oder ob das Arbeitsverhältnis als ruhendes fortbesteht. Diese Frage lässt sich heute wie folgt beantworten:

Durch das von § 623 BGB normierte Schriftformerfordernis für Aufhebungsverträge muss der neue Dienstvertrag schriftlich geschlossen werden, damit bei einer Bestellung zum Organvertreter eine Aufhebung des Arbeitsverhältnisses angenommen werden kann. Ist dies der Fall, besteht die Vermutung, dass ein bis dahin bestehendes Arbeitsverhältnis beendet werden soll. Diese Vermutung besteht auch, wenn die Geschäftsführerbestellung die Regelung enthält, dass mit dem neuen Vertrag alle früheren Rechtsverhältnisse der Parteien ersetzt werden sollen oder wenn der neue Vertrag gänzlich neue Regelungen enthält, eine höhere Vergütung oder einen neuen Aufgabenbereich festlegt. Anwendbar sind diese Grundsätze auch bei einer AGB-Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB bei einem Geschäftsführerdienstvertrag. Ein stillschweigender Aufhebungsvertrag des Arbeitsverhältnisses mit einer Obergesellschaft liegt allerdings nicht vor, sofern ein Arbeitnehmer zum Geschäftsführer einer konzernabhängigen Gesellschaft bestellt wird. Zu beachten ist, dass umgekehrt ein Dienstnehmer, der zum Geschäftsführer einer GmbH bestellt werden soll, nicht dadurch zum Arbeitnehmer wird, weil die Bestellung unterbleibt oder er als Organvertreter abberufen wird. Für den Fall, dass ein bisheriger Arbeitnehmer beispielsweise durch den Erwerb weiterer Anteile an Einfluss gewinnt, der das Vorliegen eines weisungsgebundenen Arbeitsverhältnisses ausschließt, liegt mangels schriftlicher Vereinbarung gem. § 623 BGB ein ruhendes Arbeitsverhältnis vor.

Einige arbeitsrechtliche Gesetze regeln ausdrücklich, dass Organmitglieder nicht als Arbeitnehmer einzuordnen sind (z.B. § 5 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG, § 14 Abs. 1 S. 1 KSchG, § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG). Dies gilt abschließend und insofern auch dann, wenn grundsätzlich eine Ausnahme aufgrund bestehender Weisungsgebundenheit eine Arbeitnehmerstellung begründen würde.

Die Parteien eines Geschäftsführeranstellungsvertrages können jedoch die Geltung arbeitsrechtlicher Normen frei vereinbaren. Möglich ist unter anderem die Vereinbarung der Geltung des KSchG. Wichtig ist, dass solche Abreden nicht in die gesetzliche Ausgestaltung des Organverhältnisses eingreifen, da diesbezüglich grundsätzlich ein Vorrang des Gesellschaftsrechts gilt.

Prozesse von Organmitgliedern können gemäß § 2 Abs. 4 ArbGG durch Vereinbarung der Parteien vor die Arbeitsgerichte gebracht werden.

 

5.       Wie ist der Vergütungsanspruch eines Organmitglieds ausgestaltet?

Der Vergütungsanspruch eines Organmitglieds richtet sich nach §§ 611 ff. BGB. Ist ein Geschäftsführer als arbeitnehmerähnliche Person zu qualifizieren, da er nicht bzw. nicht nennenswert an der Gesellschaft beteiligt ist, kann er nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz die Anpassung seines Gehalts verlangen, falls Mitgeschäftsführer/leitende Angestellte Gehaltsanpassungen erhalten haben. Dies gilt entsprechend für Ansprüche auf Sonderzuwendungen. Die Gleichbehandlung von Geschäftsführern einer GmbH und leitenden Angestellten kommt jedoch nur in Betracht, sofern die Arbeits- und Dienstverträge nach einem einheitlichen Standard vereinbart werden oder die Geschäftsführer als leitende Angestellte behandelt werden und ihre Dienstverträge wesensgleich sind.

Zu beachten ist weiterhin, dass eine Überstundenvergütung an Gesellschafter-Geschäftsführer eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellen kann.

Es gilt die dreijährige Verjährungsfrist nach § 195 BGB.

Bezüglich des Vergütungsanspruchs eines Organmitglieds gelten außerdem die Regelungen des § 615 BGB über den Annahmeverzug sowie die des § 616 BGB über die vorübergehende Dienstverhinderung. Auch ist § 629 BGB, der die Gewährung von Zeit zum Aufsuchen eines anderen Dienstverhältnisses regelt, § 630 BGB, der die Ausstellung eines Arbeitszeugnisses normiert und der Gleichbehandlungsgrundsatz der Organmitglieder untereinander bei Ruhegeldgewährung anwendbar.

Nicht anwendbar sind hingegen solche arbeitsrechtlichen Gesetze, die die Arbeitnehmereigenschaft voraussetzen. Es besteht folglich kein Urlaubsanspruch nach dem BurlG. Einzelne arbeitsrechtliche, auf der Treue- und Fürsorgepflicht beruhende Vorschriften werden vom BGH jedoch analog auf das Dienstverhältnis der Organmitglieder angewendet. Dies gilt beispielsweise für § 6 III AGG, sofern es um den Zugang zur Erwerbstätigkeit geht.

 

6.       Welche Pflichten treffen Organmitglieder?

Für die Dauer ihrer Beschäftigung besteht für Organmitglieder ein Wettbewerbsverbot. Sie trifft die Pflicht, in allen Angelegenheiten das Wohl und den Nutzen der Gesellschaft zu berücksichtigen. Außerdem dürfen sie ihre Vertretungsmacht nicht missbrauchen und müssen die Weisungen der Gesellschafterversammlung beachten.

 

7.       Inwiefern haften Organmitglieder?

Grundsätzlich ist zunächst zwischen der Haftung im Innen- und im Außenverhältnis zu unterscheiden.

 

7.1      Wie haften die Organmitglieder im Innenverhältnis?

Im Innenverhältnis haftet der Geschäftsführer für seine Tätigkeit gemäß § 43 GmbHG mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns. Dies gilt gemäß § 92 AktG entsprechend für die Vorstandsmitglieder einer AG. Bei normaler Geschäftsführertätigkeit besteht keine Haftungsmilderung wegen gefahrgeneigter Arbeit. Darüber hinaus kann ein Mitverschulden wegen mangelhafter Beaufsichtigung durch weitere Gesellschaftsorgane gegenüber der Gesellschaft in der Regel nicht geltend gemacht werden.

 

7.2      Wie haften die Organmitglieder im Außenverhältnis?

Im Außenverhältnis haftet im Grundsatz die Kapitalgesellschaft, so auch bei der Vor-GmbH. Eine Ausnahme hiervon stellt die sogenannte Durchgriffshaftung dar, die insbesondere für den GmbH-Geschäftsführer gelten kann. In Betracht kommt eine solche Haftung, wenn die Berufung auf das Trennungsprinzip zwischen Gesellschaftern und Gesellschaft eine nicht zulässige Rechtsausübung darstellt, weil die Rechtsform der juristischen Person offensichtlich dazu verwendet worden ist, einen von der Rechtsordnung nicht zu billigenden Erfolg herbeizuführen. Außerdem kann eine Haftung der Gesellschafter einer GmbH bestehen, sofern die Voraussetzungen einer Ausfallhaftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs vorliegen. Im Falle eines solchen Eingriffs des Gesellschafters in das Gesellschaftsvermögen, kann er sich nicht mehr auf die Haftungsbegrenzung des § 13 II GmbHG berufen. Die Ausfallhaftung ist allerdings auf die Gewährleistung der GmbH und der Erhaltung des Stammkapitals beschränkt. Eine solche Haftung basiert auf § 626 BGB. Die Rechtsfolge besteht in einer Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft. Im Ergebnis müssen die Gläubiger, die den Gesellschafter in Anspruch nehmen wollen, folglich einen Titel gegen die Gesellschaft erstreiten und einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wegen der Ansprüche der Gesellschaft gegen den Gesellschafter erwirken.

Eine unmittelbare Haftung des Geschäftsführers gegenüber den Gläubigern kann sich im Falle eines von ihm gesetzten Rechtsscheins ergeben. Dies ist bereits dann anzunehmen, wenn gegen die Offenlegung der Verhältnisse über die Vertragsparteien verstoßen wird und potenzielle Gläubiger nicht gewarnt werden.

Bei der vorvertraglichen Haftung aus Verschulden bei Vertragsschlusses gemäß § 311 Abs. 2 und 3 BGB haftet im Grundsatz ebenfalls die GmbH. Eine persönliche Haftung des Organmitglieds kann sich ausnahmsweise aus § 311 Abs. 3 S. 2 BGB ergeben, wenn er über das normale Verhandlungsvertrauen hinaus ein besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen hat und dadurch erheblichen Einfluss auf die Vertragsverhandlungen sowie den Vertragsabschluss ausüben konnte. Ein solcher Einfluss besteht dann, wenn der Geschäftsführer über das normale Verhandlungsvertrauen hinausgegangen ist und dem Geschäftspartner eine von ihm persönlich ausgehende Garantie für die Erfüllung des angestrebten Geschäfts in Aussicht gestellt hat, die für den Willensentschluss des Verhandlungspartners entscheidungsrelevant war.

Ebenfalls haftet der Geschäftsführer persönlich, wenn er dem Vertragsgegenstand besonders nahesteht, weil er aus wirtschaftlicher Sicht selbst ein starkes Interesse an dem Vertragsschluss hat und aus dem Geschäft einen eigenen Nutzen erstrebt. Ein solches wirtschaftliches Eigeninteresse liegt jedoch nicht bereits dann vor, wenn der Geschäftsführer der alleinige Gesellschafter der GmbH ist oder selbst Sicherheiten stellt.

 

7.3      In welchen Fällen besteht eine Durchgriffshaftung?

Eine Durchgriffshaftung ist anzunehmen, wenn der Geschäftsführer Kenntnis davon hat, dass die Verletzung von absoluten Rechten Dritter erfolgt und er Gegenmaßnahmen unterlässt. Eine persönliche Haftung des Geschäftsführers kann sich ferner dann ergeben, wenn er eine Garantenstellung dafür hat, dass Außenstehende vor der Verletzung ihrer Schutzgüter geschützt werden. Beispielhaft ist hier das Unterlassen der Abführung der Arbeitnehmerbeträge oder das Unterlassen der Meldung von Beiträgen für Schwarzarbeiten zu nennen.

Darüber hinaus ergibt sich eine Durchgriffshaftung für die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen aus § 69 AO, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis aufgrund vorsätzlicher oder grobfahrlässiger Verletzung der bestehenden Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt werden oder wenn infolgedessen Steuervergütungen oder Erstattungen ohne rechtlichen Grund gewährt werden.

Im Falle einer bloßen Unterkapitalisierung der Gesellschaft besteht keine Durchgriffshaftung.

Eine persönliche Haftung ist ferner bei pflichtwidrigen Verhalten früherer Geschäftsführer sowie bei Verbindlichkeiten der Gesellschaft, die erst nach Beendigung der Geschäftsführung durch vertragswidriges Verhalten der Gesellschaft begründet worden sind, ausgeschlossen.

 

7.4      Welche Besonderheiten bestehen im Falle einer Insolvenz?

Bei einem Verstoß gegen die Insolvenzantragspflicht haftet der Geschäftsführer persönlich. Ebenfalls kommt eine persönliche Haftung in Betracht, wenn er nicht auf die Insolvenzreife des Unternehmens hinweist. Dies ergibt sich aus § 15a InsO. Danach hat der Geschäftsführer bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung Insolvenzantrag zu stellen. Bei einem schuldhaften Verstoß gegen diese Pflicht, macht er sich gemäß § 823 Abs. 2 iVm § 15a InsO schadensersatzpflichtig.

Eine Haftung des Geschäftsführers gegenüber der Bundesagentur für Arbeit gemäß § 823 Abs. 2 BGB iVm § 15a InsO scheidet aus, da die Bundesagentur weder Alt- noch Neugläubigerin ist. Eine Haftung kann sich ihr gegenüber indes aus § 826 BGB ergeben. Des Weiteren besteht die Möglichkeit einer Haftung des Geschäftsführers gegenüber den Sozialversicherungsträgern gemäß § 823 Abs. 2 BGB iVm § 266a StGB.

Außerdem haftet der Geschäftsführer nach § 64 S. 1 und 2 GmbHG gegenüber der Gesellschaft, wenn er nach der Insolvenzreife der Gesellschaft Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung leistet.

 

8.       Was gilt bezüglich der Beendigung des Rechtsverhältnisses zu Organmitgliedern?

Auch bezüglich der Beendigung ist die Unterscheidung von Bestellung und Anstellung von wesentlicher Bedeutung. Es handelt sich dabei um zwei verschiedene, rechtlich selbständige Rechtsverhältnisse, die grundsätzlich unabhängig voneinander beendet werden können.

 

8.1      Welche Besonderheiten gelten bezüglich der Bestellung?

Eine Bestellung zum Vorstandsmitglied einer AG kann gemäß § 84 Abs. 1 AktG nur für maximal 5 Jahre erfolgen. Gemäß § 84 Abs. 3 AktG ist der Widerruf der Bestellung nur aus wichtigem Grund möglich. Im Gegensatz dazu ist die Bestellung zum GmbH-Geschäftsführer nach § 38 I GmbHG frei widerruflich. Entsprechendes gilt nach § 24 Abs. 2 S. 2 GenG für die Genossenschaft. Bei Rechtspersönlichkeiten die dem MitbestG unterfallen, wozu unter anderem eine GmbH zählen kann, gilt gemäß § 31 MitbestG die Regelung des § 84 AktG entsprechend.

Nicht möglich ist es, eine Abberufung auf einen wichtigen Grund zu stützen, der der Gesellschaft bereits bei der Bestellung des Organmitglieds bekannt war. Bei einem unzulässigen Widerruf der Bestellung ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes, kann hieraus für die Gegenseite ein Recht zur außerordentlichen Kündigung entstehen.

 

8.2      Welche Besonderheiten gelten bezüglich der Anstellung?

In Bezug auf die Beendigung des Anstellungsverhältnisses gelten die Regelungen des Dienstvertragsrechts, insbesondere die § 620 und § 626 BGB. Für eine ordentliche Kündigung bedarf es keines rechtfertigenden Grundes. Das KSchG, das MuSchG und das SGB IX finden keine Anwendung.

Rechtsmissbräuchlich ist es allerdings, wenn ein Arbeitnehmer nur deshalb zum Geschäftsführer bestellt wird, um ihn vom Kündigungsschutz auszuschließen.

Die Kündigungsfrist richtet sich nach § 621 BGB, da das Rechtsverhältnis zum Organmitglied kein Arbeits- sondern ein Dienstverhältnis darstellt. Das Schriftformerfordernis des § 623 BGB findet mit Ausnahme für das Arbeitsverhältnis, sofern ein Arbeitnehmer zum Geschäftsführer aufrückt und das Arbeitsverhältnis als ruhendes besteht, keine Anwendung.

Eine außerordentliche Kündigung richtet sich nach § 626 BGB. Eine Umdeutung im Falle der Unwirksamkeit gemäß § 140 BGB in eine ordentliche Kündigung ist möglich, wenn anzunehmen ist, dass die ordentliche Kündigung dem Willen des Kündigenden entspricht und sich dieser Wille für den Empfänger in der Kündigung erkennbar widerspiegelt. Nicht in Betracht kommt eine Umdeutung hingegen, wenn die Gesellschaft durch die Abfindungs- und Versorgungsansprüche schwerer belastet würde als durch eine außerordentliche Kündigung.

Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB beginnt zu laufen, wenn das für die außerordentliche Kündigung zuständige Organ Kenntnis vom Kündigungsgrund erlangt. Dies ist dann der Fall, sobald das Organ zur Beratung der Entlassung des Geschäftsführers zusammentritt.

 

9.       Welche sozialrechtlichen Besonderheiten gelten für Organmitglieder?

Für Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft besteht aufgrund ihrer selbständigen Tätigkeit und zudem wegen des regelmäßigen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze des § 6 I Nr. 1 SGB V (66.600,00€ im Jahr 2023) hinsichtlich der gesetzlichen Krankenversicherung keine Versicherungspflicht. Darüber hinaus sind Vorstandsmitglieder einer AG gemäß § 1 S. 3 SGB VI nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung. Außerdem sind Mitglieder des Vorstands in Tätigkeiten für das Unternehmen, dessen Vorstand sie angehören nicht als Beschäftigte in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert.

Die Versicherungspflicht eines GmbH-Geschäftsführers wird anhand der zu § 7 SGB IV entwickelten Grundsätze beurteilt. Mithin ist ausschlaggebend, ob ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zur Gesellschaft besteht. Im Grundsatz ist der Geschäftsführer einer GmbH sozialversicherungsrechtlich als nicht selbständig Beschäftigter einzuordnen, der folglich der Sozialversicherungspflicht unterliegt. Eine Abhängigkeit gegenüber der Gesellschaft kann aufgrund seiner Organstellung nicht ausgeschlossen werden. Maßgeblich ist die tatsächliche Ausgestaltung des Dienstverhältnisses. Entscheidend sind vor allem die Bestimmungen des Geschäftsführervertrages über das Innenverhältnis, die Weisungen durch die Gesellschaftsversammlungen und die Abbedingung des Selbstkontrahierungsverbotes.

Für den Fall einer Kapitalbeteiligung des Geschäftsführers gelten Besonderheiten. Entscheidend für die Abhängigkeit ist hier die Weisungsunterworfenheit, nicht aber die Stellung als Gesellschafter-Geschäftsführer, so dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis dann abzulehnen ist, wenn der Geschäftsführer Weisungen ihm gegenüber aufgrund seiner Stellung jederzeit verhindern könnte. In der Rechtsprechung wird die Arbeitnehmereigenschaft dann verneint, wenn der Gesellschaftergeschäftsführer über mindestens die Hälfte des Stammkapitals verfügt. Sollte der Kapitalanteil geringer sein, wird darauf abgestellt, ob der Geschäftsführer aufgrund seines Anteils ihn belastende Entscheidungen zu verhindern. In dem Fall, dass der Kapitalanteil für die Beherrschung einer Gesellschaft nicht ausreicht, kann ein Beherrschen aufgrund der tatsächlichen Gestaltung der Verhältnisse bejaht werden. Entscheidend hierfür sind im Wesentlichen, ob der Gesellschaftergeschäftsführer nach Zeit, Umfang und Ort seiner Tätigkeit weisungsfrei ist. Ist dies gegeben, liegt ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht vor.

Ein Geschäftsführer, der mit 50% an einer Komplementär GmbH beteiligt ist, nicht dagegen an der KG und diese auch nicht in sonstiger Weise beherrscht, ist hingegen versicherungspflichtig.

Gemäß § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI gilt für die Rentenversicherungspflicht, dass an sich als selbständig anzusehende Personen versicherungspflichtig sind, wenn sie regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und sie auf Dauer im Wesentlichen nur Auftraggeber sind. Der Gesellschaftergeschäftsführer ist weitgehend aus der Rentenversicherungspflicht ausgenommen.

Ob eine Versicherungspflicht besteht, kann durch ein Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV in Erfahrung gebracht werden. Gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 SGB IV ist dieses Statusfeststellungsverfahren für Gesellschafter einer GmbH verpflichtend.