Betriebsbedingte Kündigung

1.    Was ist eine betriebsbedingte Kündigung?

Eine betriebsbedingte Kündigung ist eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses, die auf betriebliche Gründe zurückzuführen ist. Sie kann ausgesprochen werden, wenn eine betriebliche Notwendigkeit besteht Arbeitsplätze abzubauen oder das Unternehmen umzustrukturieren.

Typische Gründe für eine betriebsbedingte Kündigung sind der Abbau von Arbeitsplätzen aufgrund von Rationalisierungsmaßnahmen, Schließung von Standorten oder Betriebseinschränkungen.

Zu den Voraussetzungen einer betriebsbedingten Kündigung zählt zunächst der Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten. Außerdem darf keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bestehen. Abschließend muss – sofern mehrere vergleichbare Arbeitnehmer betroffen sind – eine soziale Auswahl unter den in Betracht kommenden Arbeitnehmern gemäß § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG getroffen werden. Nur bei Vorliegen dieser Voraussetzungen ist eine Kündigung gemäß § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt.

Für eine betriebsbedingte Kündigung kommen sowohl außerbetriebliche als auch innerbetriebliche Gründe in Betracht.

 

2.    Welche außerbetrieblichen Gründe gibt es?

Zu den außerbetrieblichen Gründen zählen insbesondere der Auftragsmangel sowie der Umsatzrückgang. Zu beachten ist, dass durch diese Umstände der Beschäftigungsbedarf regelmäßig nicht unmittelbar wegfällt. Das betriebliche Erfordernis ist auf eine, durch die negative wirtschaftliche Lage beeinflusste, Entscheidung des Arbeitgebers zurückzuführen. Ein dringendes betriebliches Erfordernis liegt deshalb nur dann vor, wenn ein dauerhafter Umsatz- oder Auftragsrückgang unmittelbar zur Verringerung einer bestimmten Arbeitsmenge führt.

 

3.    Welche innerbetrieblichen Gründe gibt es?

Innerbetriebliche Gründe können sich ergeben, wenn der Arbeitgeber aufgrund einer durch die wirtschaftliche Entwicklung oder fiskalischen Überlegungen veranlassten unternehmerischen Entscheidung eine organisatorische Maßnahme beschließt, bei deren Umsetzung das Bedürfnis der Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt.

Für eine solche unternehmerische Entscheidung sind beispielhaft zu nennen: Rationalisierungsmaßnahmen, die Zusammenlegung von Abteilungen, die Erhöhung der Arbeitsdichte, die Einstellung oder Verlagerung der Produktion.

Die unternehmerische Entscheidung stellt ein dringendes betriebliches Erfordernis iSd § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG dar, sofern ihre Umsetzung auf betrieblicher Ebene mit Ablauf der Kündigungsfrist zu einem voraussichtlich dauerhaften Wegfall des Beschäftigungsbedarfs des betroffenen Arbeitnehmers führt.

Zu beachten ist, dass sich die Kündigung an den Vorschriften des KSchG messen lassen muss. Sie ist keine freie Unternehmerentscheidung und muss grundsätzlich darauf gerichtet sein, den Beschäftigungsbedarf auf Dauer entfallen zu lassen. Die Unternehmerentscheidung selbst bedarf jedoch keiner besonderen Form.

 

4.    Wann liegt ein Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeiten vor?

Sowohl inner- als auch außerbetriebliche Umstände können nur ein dringendes betriebliches Erfordernis iSd § 1 Abs. 2 KSchG begründen, wenn sie sich konkret auf die Einsatzmöglichkeit des gekündigten Arbeitnehmers auswirken. Im Ergebnis muss die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers also für den Wegfall des Beschäftigungsbedarfs ursächlich sein. Eine solche Ursächlichkeit liegt vor, wenn sich die Entscheidung auf eine nach sachlichen Merkmalen genau bestimmten Stelle bezieht. Hierfür nicht ausreichend ist der allgemeine Beschluss Personalkosten zu senken.

 

5.    Wann bestehen Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten?

Eine betriebsbedingte Kündigung ist bei Berücksichtigung des in § 1 Abs. 2 S. 2 KSchG geregelten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nur dann sozial gerechtfertigt, wenn der zu kündigende Arbeitnehmer nicht an einem anderen freien und vergleichbaren Arbeitsplatz zu veränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigt werden kann. „Frei“ ist ein Arbeitsplatz dann, wenn er zum Zeitpunkt der Kündigung unbesetzt ist. Zu berücksichtigen sind aber auch solche Arbeitsplätze, die im Laufe der Kündigungsfrist sicher frei werden oder solche, bei denen im Zeitpunkt der Kündigung bereits feststeht, dass sie in absehbarer Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist frei werden, sofern die Überbrückung zumutbar ist. Ebenfalls „frei“ ist ein Arbeitsplatz, wenn er mit einem Leiharbeitnehmer besetzt ist.

Eine Verpflichtung des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer, diesem Umschulungs- und Fortbildungsmöglichkeiten iSd § 1 Abs. 2 S. 3 KSchG anzubieten besteht nur, sofern im Kündigungszeitpunkt feststeht, dass spätestens nach Durchführung der Maßnahmen ein geeigneter Arbeitsplatz im Unternehmen vorhanden und frei ist.

Zu beachten ist, dass die Weiterbeschäftigungspflicht nicht auf den jeweiligen Betrieb beschränkt ist, sondern für das gesamte Unternehmen gilt. Über den Unternehmensbereich hinausgehende Konzerne sind von der Pflicht zur Weiterbeschäftigung nicht erfasst.

Im öffentlichen Dienst besteht nach § 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 lit. b KSchG eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit, wenn in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann. Eine „staatsweite“ Weiterbeschäftigungspflicht besteht mithin nicht.

In dem Fall, dass eine zumutbare Weiterbeschäftigungsmöglichkeit besteht, trifft den Arbeitgeber die Pflicht, von sich aus dem Arbeitnehmer die Weiterbeschäftigung anzubieten. Spricht der Arbeitgeber das Änderungsangebot bereits vor der Kündigung aus, muss hieraus eindeutig hervorgehen, dass er im Falle der Ablehnung des Angebots eine Kündigung beabsichtigt. Sollte der Arbeitnehmer das Änderungsangebot ablehnen, kann der Arbeitgeber eine Beendigungskündigung erklären.

 

6.    Was Versteht man unter dem Merkmal der Dringlichkeit?

Durch das Merkmal der Dringlichkeit in § 1 Abs. 2 KSchG wird der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz konkretisiert. Demnach müssen die betrieblichen Erfordernisse dringend sein und eine Kündigung im Interesse des Betriebs notwendig machen. Das ist dann der Fall, wenn für den Arbeitgeber aufgrund der betrieblichen Verhältnisse nicht die Möglichkeit besteht, die unternehmerische Entscheidung durch andere Maßnahmen auf technischem, organisatorischem oder wirtschaftlichem Gebiet als durch eine Kündigung zu verwirklichen. Der Arbeitgeber hat zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen die Möglichkeit einer Jahresarbeitszeitregelung auszuschöpfen.

Die Einführung von Kurzarbeit als milderes Mittel zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen kommt nur ausnahmsweise in Betracht. Dies ergibt sich daraus, dass die Kurzarbeit grundsätzlich nur bei vorübergehendem Arbeitsmangel in Betracht kommt, wohingegen eine betriebsbedingte Kündigung den dauerhaften Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten voraussetzt. Eine betriebsbedingte Kündigung während einer bereits eingeführten Kurzarbeit kann nur dann gemäß § 1 Abs. 2 KSchG gerechtfertigt werden, wenn, über die zur Einführung der Kurzarbeit führenden Gründe hinaus, weitergehende inner- oder außerbetriebliche Gründe vorliegen, die auf Dauer für den gekündigten Arbeitnehmer das Weiterbeschäftigungsbedürfnis entfallen lassen.

 

7.    Was ist bei der sozialen Auswahl zu beachten?

1 Abs. 3 S. 1 KSchG setzt für die soziale Rechtfertigung einer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen erfolgte Kündigung voraus, dass der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte berücksichtigt. Das Erfordernis der Sozialauswahl ergibt sich aus dem Umstand, dass bei einer betriebsbedingten Kündigung der Kündigungsgrund in der Sphäre des Arbeitgebers liegt und es deshalb nicht gerechtfertigt ist, in jedem Fall den Arbeitnehmer zu kündigen, dessen konkreter Arbeitsplatz weggefallen ist. Den Arbeitgeber trifft vielmehr die Pflicht, denjenigen Arbeitnehmer zu ermitteln, den die Kündigung relativ am wenigsten hart trifft. Eine einzelvertragliche oder tarifvertragliche Abbedingung der Pflicht zur Sozialauswahl ist nicht möglich, auch nicht zugunsten einzelner Arbeitnehmer.

Bei der Sozialauswahl zu berücksichtigen sind nach § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten sowie eine mögliche Schwerbehinderung des Arbeitnehmers.

Bei personen– und verhaltensbedingten Kündigungen besteht eine solche Pflicht nicht.

 

8.    Zu welchem Zeitpunkt müssen die Voraussetzungen der Kündigung vorliegen?

Der Kündigungsgrund muss grundsätzlich zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vorliegen. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Arbeitgeber mit seiner betriebsbedingten Kündigung abwarten muss, bis der Beschäftigungsbedarf für den Arbeitnehmer tatsächlich entfällt. Die betriebsbedingte Kündigung kann ausnahmsweise auch schon vorher ausgesprochen werden. Voraussetzung dafür ist, dass die für den künftigen Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses maßgeblichen Entscheidungen bei Zugang der Kündigung bereits getroffen sind und der Arbeitnehmer zum Kündigungstermin voraussichtlich entbehrt werden kann. Ausreichend ist, dass zum Zeitpunkt des Kündigungstermins mit einiger Sicherheit keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr besteht.

Zu beachten ist, dass die einer möglichen Prognose zugrunde liegenden Entscheidungen bereits gefallen sein müssen. So ist beispielsweise eine Kündigung wegen Betriebsschließung nur gerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber den Stilllegungsbeschluss bereits gefasst hat. Bloße Erwägungen oder Planungen genügen nicht. Ausreichend, aber auch erforderlich ist, dass die betrieblichen Umstände greifbare Formen angenommen haben. So zum Beispiel, wenn sich der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung ernstlich und endgültig entschlossen hat, die Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer für einen wirtschaftlich nicht unerheblichen Zeitpunkt aufzugeben.