Gleichbehandlungsgrundsatz

1.     Was versteht man unter dem Gleichbehandlungsgrundsatz?

Der Gleichbehandlungsgrundsatz gehört zu den Grundprinzipien des Arbeitsrechts. Geregelt ist dadurch die Pflicht zur Gleichbehandlung der Arbeitnehmer. Von der Rechtsprechung wird der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz als privatrechtliche Ausprägung des Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG angesehen. Er verpflichtet den Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder bestimmte Arbeitnehmergruppen gleich zu behandeln, soweit sie sich in gleichen oder zumindest vergleichbaren Situationen befinden.

Durch den Gleichbehandlungsgrundsatz wird die Gestaltungsmacht des Arbeitgebers eingeschränkt. Er kann zugleich Anspruchsgrundlage und Schranke der Rechtsausübung sein.

Verboten ist einerseits die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, andererseits auch die sachfremde Gruppenbildung. Eine Differenzierung ist sachfremd, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerte Gründe gibt. Für den Fall, dass eine Ungleichbehandlung ohne sachlichen Grund erfolgt, kann der übergangene Arbeitnehmer verlangen nach Maßnahme der allgemeinen Regelung behandelt zu werden.

Zu berücksichtigen ist, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz keine Anwendung findet, wenn Leistungen oder Vergünstigungen individuell vereinbart werden.

Ebenfalls zu beachten ist die Abgrenzung des allgemeinen arbeitsvertraglichen Gleichbehandlungsgrundsatzes von den spezialgesetzlich geregelten Benachteiligungsverboten wie zB § 2 Abs. 1 AGG, wonach Ungleichbehandlungen aus den in § 1 AGG genannten Gründen verboten sind.

 

2.     Unter welchen Voraussetzungen findet der Gleichbehandlungsgrundsatz Anwendung?

Der Gleichbehandlungsgrundsatz findet immer dann Anwendung, wenn der Arbeitgeber freiwillig nach einer abstrakten selbstgesetzten Regel und einem erkennbar generalisierenden Prinzip Leistungen gewährt. Bei Vergütungen kommt dies nur in Betracht, wenn Arbeitsentgelte durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben werden und der Arbeitgeber die Leistungen ebenfalls nach einem erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt. Für den Fall, dass der Arbeitgeber bestimmte Arbeitnehmer von einer begünstigten Gruppe ausschließt, muss hierfür ein sachlicher Rechtfertigungsgrund vorliegen.

Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gilt nicht, wenn der Arbeitgeber ausschließlich normative oder vertragliche Verpflichtungen erfüllt. Hierin kann keine willkürliche Ungleichbehandlung begründet werden.

Darüber hinaus findet der Gleichbehandlungsgrundsatz keine Anwendung, wenn der Arbeitgeber einzelne Arbeitnehmer unabhängig von abstrakten Differenzierungsmerkmalen besserstellt. Das hat zur Folge, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz keine Berücksichtigung findet, wenn es sich um individuell vereinbarte Löhne oder Gehälter handelt und der Arbeitgeber nur einzelne Arbeitnehmer unabhängig von abstrakten Merkmalen besserstellt.

 

2.1       In welchem Verhältnis stehen Gleichbehandlungsgrundsatz und Vertragsfreiheit?

Bezüglich der Vergütung und tariflicher Mindestentgelte besteht in den Grenzen der Diskriminierungsverbote grundsätzlich Vertragsfreiheit. Sind Vertragsbedingungen von den Vertragsparteien frei ausgehandelt, genießt die Vertragsfreiheit in der Regel Vorrang. Die Vertragsparteien können somit Vereinbarungen treffen, ohne dass andere hieraus einen Anspruch herleiten können.

Durch den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz verboten sind nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer aus sachfremden Gründen gegenüber anderen in vergleichbarer Lage befindlichen Arbeitnehmern. Nicht verboten ist hingegen die vereinzelte Begünstigung. Daraus folgt, dass andere Arbeitnehmer keine Gleichstellung aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz verlangen können, nur weil der Arbeitgeber aufgrund der Vertragsfreiheit einzelne Arbeitnehmer besserstellt. Handelt ein Arbeitnehmer innerhalb der Vertragsverhandlung eine höhere Vergütung heraus, ist dies grundsätzlich sein Verdienst. Andere Beschäftigte können hieraus keine eigenen Rechte ableiten.

 

2.2       Wann liegt die notwendige Vergleichbarkeit von Arbeitnehmern vor?

Die Gleichbehandlung von Arbeitnehmern nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz ist nur geboten, sofern sich diese in vergleichbarer Lage befinden. Ausgangspunkt ist hierbei die jeweilig ausgeübte Tätigkeit. Eine Tätigkeit ist gleichartig, wenn sie trotz fehlender Identität der Arbeitsvorgänge im Hinblick auf Qualifikation, erworbene Fertigkeiten, Verantwortung und Belastbarkeit gleiche Anforderungen stellt und die mit ihnen befassten Arbeitnehmer wechselseitig ausgetauscht werden können.

Bezüglich der Vergütung liegt eine Vergleichbarkeit vor, wenn die Arbeitnehmer gleichwertige Arbeit leisten. Erforderlich für die Feststellung ist dabei ein Gesamtvergleich der geschuldeten Leistung.

Zu beachten ist, dass der Arbeitgeber auch auf andere sachlich begründete Kriterien abstellen kann und diese dann für die Vergleichbarkeit maßgeblich sind. So zum Beispiel, wenn der Arbeitgeber nicht nur für eine bestimmte Tätigkeit eine höhere Vergütung gewährt, sondern verlangt, dass die Arbeitnehmer beispielsweise einen bestimmten Ausbildungsabschluss vorweisen können. In diesem Fall ist nicht die Tätigkeit, sondern die Ausbildung für die Feststellung der Vergleichbarkeit maßgeblich.

Darüber hinaus ist die Unterscheidung von Ordnungs- und Regelungsbereichen zu berücksichtigen. Der Träger eines Ordnungs- oder Regelungsbereichs ist nur in dessen eigenen Zuständigkeitsbereich an den Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden. Eine Begünstigung von „Nichtarbeitnehmern“ (zB Geschäftsführer) kann Ansprüche aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht begründen. Das ergibt sich daraus, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz kein Gebot zur einheitlichen Behandlung von Arbeitnehmergruppen unterschiedlichen Ordnungs- und Regelungsbereichen begründet. Deshalb kann auch zulässigerweise zwischen tarifgebundenen und nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern unterschieden werden.

 

2.3       Was versteht man unter dem Begriff des Arbeitgeberbezugs?

Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gilt nur im Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Vertragsarbeitgeber. Mithin ist ein Arbeitgeber in einem Gemeinschaftsbetrieb nicht verpflichtet, die Arbeitsbedingungen mit seinen eigenen Arbeitnehmern an die eines anderen am Betrieb beteiligten Arbeitgeber zu dessen Beschäftigten anzupassen.

Der Gleichbehandlungsgrundsatz kann jedoch auch betriebsübergreifend gelten, wenn der Arbeitgeber eine verteilende Entscheidung trifft, die nicht auf einen einzelnen Betrieb beschränkt ist, sondern sich auf alle oder mehrere Betriebe des Unternehmens bezieht. Für eine Unterscheidung zwischen einzelnen Betrieben ist ebenfalls ein sachlicher Grund erforderlich. Im Konzern gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht.