Gesetzlicher Mindestlohn

1.    Wo ist der gesetzliche Mindestlohn geregelt?

Der gesetzliche Mindestlohn ist im Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (MiLoG) geregelt. Nach § 1 Abs. 1 MiLoG hat jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts in Höhe des Mindestlohns durch den Arbeitgeber. Nach § 1 Abs. 2 MiLoG beträgt der Mindestlohn ab dem 1. Oktober 2022 brutto 12 Euro pro Zeitstunde.

Ziel des MiLoG ist es einer zunehmenden Fragmentierung der Arbeitswelt und der Zunahme von Beschäftigungsverhältnissen mit niedrigen Entgelten entgegenzuwirken und angemessene Arbeitsbedingungen für die Arbeitnehmer sicherzustellen. Daneben soll das Gesetz zu fairen und funktionierenden Wettbewerbsbedingungen sowie zur Stabilität der sozialen Sicherungssysteme beitragen.

 

2.    Wann findet das MiLoG Anwendung?

2.1      Wer ist Arbeitnehmer im Sinne des MiLoG?

Gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 MiLoG gilt das Gesetz für Arbeitnehmer. Darunter fallen alle Arbeitnehmer, unabhängig davon, ob für sie nach dem anwendbaren Arbeits- oder Tarifvertrag höhere Entgeltansprüche bestehen. Gleichgültig ist auch, ob es sich bei der Beschäftigung um den wesentlichen Erwerb oder um eine Nebentätigkeit handelt. Der Mindestlohn ist letztlich teil jeder Arbeitsvergütung. Arbeitnehmerähnliche Personen sind nicht von dem Regelungsbereich des MiLoG erfasst.

Keine Arbeitnehmer sind zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte (vgl. § 1 Abs. 3 BBiG). Für Auszubildende gilt die Regelung des § 17 BBiG.

Nach § 22 Abs. 1 MiLoG gelten grundsätzlich auch Praktikanten als Arbeitnehmer, es sei denn, dass sie ein Pflichtpraktikum absolvieren (Nr. 1), ein Praktikum von bis zu drei Monaten zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums leisten (Nr. 2), ein Praktikum von bis zu drei Monaten begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung leisten (Nr. 3) oder an einer Einstiegsqualifizierung nach § 54a SGB III oder an einer Berufsausbildungsvorbereitung nach §§ 68 bis 70 BBiG teilnehmen.

Nach § 22 Abs. 2 MiLoG sind Personen iSv § 2 Abs. 1 und 2 JArbSchG ohne abgeschlossene Berufsausbildung keine Arbeitnehmer im Sinne des MiLoG. Demnach finden die Regelungen keine Anwendung für Kinder (bis 15 Jahre) und Jugendliche (15 bis 18 Jahre). Hiermit soll sichergestellt werden, dass der Mindestlohn keinen Anreiz schafft, zugunsten einer mit Mindestlohn vergüteten Beschäftigung auf eine Berufsausbildung zu verzichten.

Vom Geltungsbereich des MiLoG ausgenommen sind nach § 22 Abs. 3 MiLoG außerdem ehrenamtlich Tätige. Typisch für eine ehrenamtliche Tätigkeit ist insbesondere, dass kein Entgelt gezahlt wird, sondern allenfalls ein Auslagenersatz oder eine Verdienstausfallentschädigung gewährt wird.

Ebenfalls von dem Anwendungsbereich des MiLoG ausgenommen sind nach § 22 Abs. 4 MiLoG Arbeitnehmer, die unmittelbar vor Beginn der Beschäftigung nach § 18 Abs. 1 SGB III langzeitarbeitslos gewesen sind. Für diese Personengruppe gilt der gesetzliche Mindestlohn innerhalb der ersten sechs Monate der Beschäftigung nicht.

 

2.2      Ab wann gelten die Regelungen des MiLoG?

Obwohl das MiLoG bereits am 16.8.2014 in Kraft getreten ist, gilt der Mindestlohn gemäß § 1 Abs. 2 MiLoG erst seit dem 1.1.2015. Die ursprünglich geltenden Übergangsregeln des § 24 Abs. 1 MiLoG sind mit dem 31.12.2017 außer Kraft getreten.

 

2.3      Wo gilt das MiLoG?

In räumlicher Hinsicht gilt das MiLoG für Arbeitgeber mit dem Sitz auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Aus diesem Grund gilt das MiLoG auch für ausländische Betreuungskräfte in Privathaushalten in Deutschland. Darüber hinaus regelt § 20 MiLoG, dass auch Arbeitgeber mit Sitz im Ausland verpflichtet sind, ihren im Inland beschäftigten Arbeitnehmern ein Arbeitsentgelt mindestens in Höhe des Mindestlohns nach § 1 Abs. 2 MiLoG zu zahlen. Erfasst sind hiervon auch nur kurzfristig in Deutschland tätige ausländische Arbeitnehmer. Dies betrifft beispielsweise auch Kraftfahrer, die das Gebiet der BRD auf ihrer Fahrstrecke durchfahren.

 

3.    Was genau beinhaltet der Anspruch nach dem MiLoG?

Das MiLoG regelt in seinem Geltungsbereich eine eigenständige Anspruchsgrundlage auf den gesetzlichen Mindestlohn nach § 1 Abs. 2 MiLoG. Aktuell beträgt der Mindestlohn brutto 12 Euro je Zeitstunde. Nicht ausgeschlossen ist dadurch eine Stück- oder Akkordvergütung. Sicherzustellen ist jedoch trotzdem, dass im Ergebnis der sich für die geleistete Arbeit errechnete Mindestlohn erreicht wird.

Das MiLoG sichert ein angemessenes Verhältnis von Leistung und Gegenleistung. Zu beachten ist, dass durch die Regelung eines Stundensatzes nicht gleichzeitig jede einzelne Arbeitsstunde durch ein bestimmtes Entgelt bezahlt werden muss. Es ist ausreichend, dass am Ende für den Abrechnungszeitraum (in der Regel ein Monat) durchschnittlich jeweils der Mindestlohn je Zeitstunde gewährt wird.

Folge der Anknüpfung des MiLoG an einen Stundensatz ist, dass auch bei einer Erfolgsvergütung, die an sich unabhängig von der tatsächlichen Arbeitszeit gewährt wird, am Ende doch eine Berechnung der Arbeitszeit erfolgen muss.

Zu vergüten sind alle Stunden, die Arbeitszeit darstellen. Hierunter fallen auch Zeiten des Bereitschaftsdienstes und der Arbeitsbereitschaft. Zu berücksichtigen ist jedoch auch hier, dass nicht für jede einzelne Arbeitsstunde, sondern bezogen auf den Gesamtabrechnungszeitraum ein Stundengehalt in Höhe des Mindestlohns gewährt werden muss. Bei der Rufbereitschaft, die grundsätzlich keine Arbeitszeit darstellt, ist nur die Zeit zu vergüten, für die der Arbeitnehmer tatsächlich zur Arbeitsleistung herangezogen wird.

 

4.    Welche Leistungen sind Bestandteil des Mindestlohns?

Grundsätzlich sind Leistungen als Bestandteil des Mindestlohns anzusehen, sofern sie das Verhältnis zwischen der Leistung des Arbeitnehmers und der Gegenleistung, die er dafür erhält, nicht verändern. Erforderlich hierfür ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine funktionale Gleichwertigkeit der Leistungen. Danach ist maßgebend, inwieweit der Leistungszweck dem Zweck des Mindestlohns funktional gleichwertig ist. Im Ergebnis geht es also darum, ob diejenige Arbeitsleistung entgolten werden soll, die mit der Zahlung des Mindestlohns zu vergüten ist.

Für das Bundesarbeitsgericht ist entscheidend, ob es sich bei der Leistung um eine Entgeltzahlung handelt, die eine konkrete Gegenleistung für die Arbeit darstellt, oder ob es sich um eine Gegenleistung aufgrund einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung handelt (zB Nachtarbeitszuschlag).

Nicht anrechenbar auf den Mindestlohn sind deshalb beispielsweise Überstundenzuschläge sowie Sonntags- und Feiertagszuschläge, da sie einen Ausgleich dafür darstellen, dass der Arbeitnehmer eine Arbeitsleistung in einem für ihn ungünstigen Zeitraum erbringt.

Demgegenüber kann eine Sonderzahlung, beispielsweise in Form eines 13. Monatsgehalts, angerechnet werden, sofern sie Entgeltcharakter hat und monatlich anteilig ausgezahlt wird.

Nicht anzurechnen sind außerdem Trinkgelder.

 

5.    Kann vertraglich etwas anderes vereinbart werden?

§ 3 S. 1 MiLoG regelt, dass Vereinbarungen, die den Anspruch auf den Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, insoweit unwirksam sind. Dies soll verhindern, dass die Regelungen des Gesetzes umgangen werden. Besteht eine solche unwirksame Vereinbarung, tritt an deren Stelle nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts der Anspruch auf Zahlung des Mindestlohns.

Nach § 3 S. 2 MiLoG ist auch ein Verzicht auf den gesetzlichen Mindestlohn ausgeschlossen. Etwas anderes gilt nur wenn durch einen gerichtlichen Vergleich auf den Anspruch nach § 1 Abs. 1 MiLoG verzichtet wird. Diese Möglichkeit besteht jedoch nur für bereits entstandene Ansprüche, nicht für künftig entstehende Mindestlohnansprüche.