Änderungskündigung
1. Was ist eine Änderungskündigung?
Gemäß § 2 KSchG ist die Änderungskündigung eine besondere Form der Kündigung, bei der der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigt und dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen anbietet. Mit einer Änderungskündigung wird dem Arbeitnehmer signalisiert, dass der Arbeitgeber den bestehenden Arbeitsvertrag nicht mehr fortsetzen möchte, aber ihm gleichzeitig die Möglichkeit gibt, zu geänderten Bedingungen weiterzuarbeiten. Eine solche Kündigung beinhaltet beispielsweise die Änderung der Arbeitszeit, der Aufgaben oder des Gehalts.
Die Änderungskündigung enthält folglich einerseits die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, andererseits das Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen. Sozial gerechtfertigt ist die Änderungskündigung, wenn sie durch Gründe iSd § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist und sich das Änderungsangebot darauf beschränkt, solche Änderungen vorzusehen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss.
2. Welche Form muss eine Änderungskündigung haben?
Eine Änderungskündigung enthält nach § 2 KSchG die Erklärung einer ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Aufgrund dessen gilt auch für sie das Schriftformerfordernis des § 623 BGB. Dies gilt nicht nur für die Kündigung selbst, sondern auch für das Änderungsangebot, da beides zusammen eine innere Einheit bildet. Das Schriftformerfordernis wird gewahrt, sofern der Inhalt des Änderungsangebots im Kündigungsschreiben selbst hinreichend Ausdruck findet.
Bei einem Verstoß gegen das Schriftformerfordernis des § 623 BGB ist die Änderungskündigung gemäß § 125 BGB nichtig.
3. Welche Kündigungsfrist gilt für eine Änderungskündigung?
Bei einer ordentlichen Änderungskündigung gilt für den Arbeitgeber die einschlägige Kündigungsfrist. Zielt eine ordentliche Änderungskündigung auf die vor Ablauf der Kündigungsfrist wirksam werdende Verschlechterung der Arbeitsbedingungen ab, ist diese nach § 2 KSchG sozial ungerechtfertigt. Den Arbeitnehmer trifft keine Pflicht, auf einen Teil der ihm zustehenden Frist zu verzichten und frühzeitig in eine Änderung mit schlechteren Arbeitsbedingungen einzuwilligen.
4. Wie ist die Kündigung mit dem Änderungsangebot zu verknüpfen?
Der Arbeitgeber kann einerseits eine unbedingte Kündigung erklären und daneben die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen anbieten. Andererseits kann er eine bedingte Kündigung aussprechen, wobei die Bedingung in der Ablehnung des Änderungsangebots durch den Arbeitnehmer liegt. Eine solche Bedingung ist zulässig, da ihr Eintritt vom Willen des Kündigungsempfängers abhängt.
5. Muss vor jeder Beendigungskündigung eine Änderungskündigung erklärt werden?
Grundsätzlich gebührt der Änderungskündigung der Vorrang vor der Beendigungskündigung. Dies folgt aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, gilt jedoch nur, wenn die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen tatsächlich besteht. Lehnt der Arbeitnehmer ein vorheriges Änderungsangebot ab, muss der Arbeitgeber ebenfalls vor einer Beendigungskündigung keine Änderungskündigung aussprechen, sofern die Ablehnung endgültig und vorbehaltlos erfolgt ist.
6. Wie muss das Änderungsangebot ausgestaltet sein?
Der Arbeitgeber ist dazu verpflichtet, dem Arbeitgeber zumutbare Weiterbeschäftigungsangebote zu machen. Ob ein Angebot zumutbar ist, entscheidet grundsätzlich der Arbeitnehmer. Entfallen darf das Angebot nur, wenn der Arbeitgeber bei vernünftiger Betrachtung nicht mit einer Annahme des neuen Vertragsangebots durch den Arbeitnehmer rechnen konnte und ein derartiges Angebot geradezu beleidigenden Charakter haben würde. Mithin hat der Arbeitnehmer grundsätzlich selbst zu entscheiden, ob er eine Weiterbeschäftigung unter veränderten, möglicherweise erheblich schlechteren Arbeitsbedingungen akzeptiert oder nicht.
Für den Fall, dass mehrere geeignete Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bestehen, hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer grundsätzlich den Arbeitsplatz anzubieten, dessen Arbeitsbedingungen am nächsten an den bisherigen liegen. Sollte die Bewertung der Arbeitsplätze nicht eindeutig möglich sein, entscheidet der Arbeitnehmer, welche Tätigkeit für ihn in Betracht kommt. In einem solchen Fall kann der Arbeitgeber eine Änderungskündigung aussprechen und dem Arbeitnehmer dabei alternativ die in Betracht kommenden Möglichkeiten anbieten.
Sollten von einer Organisationsmaßnahme mehrere vergleichbare Arbeitnehmer betroffen sein und beabsichtigt der Arbeitgeber eine Änderungskündigung, hat er nach Maßgabe von § 1 Abs. 3 KSchG eine Sozialauswahl zu treffen, sofern mehrere Arbeitnehmer um eine geringere Anzahl von Beschäftigungsmöglichkeiten konkurrieren. Hier gelten die gleichen Anforderungen wie bei der Beendigungskündigung.
Das Änderungsangebot muss außerdem hinreichend bestimmt sein und den Voraussetzungen des § 145 BGB entsprechen. Der Arbeitnehmer muss das Angebot deshalb ohne Weiteres annehmen können. Aus dem Angebot muss deutlich hervorgehen, welche Arbeitsbedingungen in Zukunft gelten sollen. Diese Formerfordernisse müssen bereits bei Zugang der Änderungskündigung vorliegen. Eine nachträgliche Klarstellung ist nicht ausreichend. Zu beachten ist weiterhin, dass die Änderungskündigung eine echte Kündigung ist und daher die Formvorschrift des § 623 BGB gilt.
7. Besteht die Möglichkeit einer außerordentlichen Änderungskündigung?
Ja. Eine Änderungskündigung kann auch außerordentlich erfolgen. Ein wichtiger Grund hierfür setzt voraus, dass die alsbaldige Änderung der Arbeitsbedingungen absolut notwendig ist und die geänderten Bedingungen dem Arbeitnehmer zumutbar sind. Eine außerordentliche Änderungskündigung kann auch durch vom Arbeitnehmer nicht zu vertretende Umstände in seiner Person gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer zu der nach dem Vertrag geschuldeten Leistung auf unabsehbare Zeit nicht mehr in der Lage ist.
8. Ist der Betriebsrat an einer Änderungskündigung zu beteiligen?
Ja. Auch bei einer Änderungskündigung hat der Arbeitgeber den Betriebsrat nach § 102 BetrVG zu beteiligen. Darüber hinaus kann sich im Falle der Versetzung oder Umgruppierung auch noch nach § 99 BetrVG eine Pflicht zu Beteiligung ergeben. Außerdem kann sich eine Beteiligungspflicht des Betriebsrates aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 bzw. Nr. 10 BetrVG ergeben, sofern die Änderungskündigung zu neuen Arbeitszeiten des Arbeitnehmers oder einer Änderung des Vergütungssystems führt.
Gemäß § 102 BetrVG hat der Arbeitgeber vor Ausspruch der Änderungskündigung den Betriebsrat anzuhören. Der Arbeitgeber muss hierbei die Gründe für die Änderung der Arbeitsbedingungen sowie das Änderungsangebot mitteilen. Teilt der Arbeitgeber dem Betriebsrat das Änderungsangebot nicht mit und muss dieser deswegen davon ausgehen, es liege eine Beendigungskündigung vor, führt dies nach § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG zur Unwirksamkeit der Änderungskündigung.
9. Gilt bei einer Änderungskündigung der Sonderkündigungsschutz?
Ja. Der Arbeitgeber hat bei einer Änderungskündigung genau wie bei einer Beendigungskündigung auch den besonderen Kündigungsschutz des Arbeitnehmers zu beachten. Folglich bedarf beispielsweise die Änderungskündigung eines schwerbehinderten Menschen der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes.
10. In welchem Verhältnis stehen die Änderungskündigung und das Direktionsrecht?
Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgt, dass der Arbeitgeber erst dann eine Änderungskündigung aussprechen darf, wenn keine Möglichkeit besteht, die beabsichtigte Änderung mit weniger einschneidenden Mitteln zu erreichen. Ein solches milderes Mittel kann das Direktionsrecht des Arbeitgebers darstellen. Daraus folgt, dass der Arbeitgeber, sofern er seinen Änderungswunsch auch durch Ausübung des Direktionsrechts umsetzen kann, gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstößt, wenn er stattdessen eine Änderungskündigung erklärt. Mithin hat das Direktionsrecht in einem solchen Fall Vorrang.