Mutterschutz

1.    Was ist grundsätzlich zu beachten?

Das Mutterschutzrecht bestimmt sich maßgeblich anhand der Regelungen des Gesetzes zum Schutz von Müttern bei der Arbeit, in der Ausbildung und im Studium – kurz MuSchG.

Zweck des MuSchG ist nach § 1 Abs. 1 MuSchG der Schutz der Gesundheit der Frau und ihres Kindes am Arbeits-, Ausbildungs- und Studienplatz während der Schwangerschaft, nach der Entbindung und in der Stillzeit. Darüber hinaus wird der Frau durch das Gesetz ermöglicht, ihre Beschäftigung oder sonstige Tätigkeit in dieser Zeit ohne Gefährdung ihrer Gesundheit oder der ihres Kindes fortzusetzen. Ebenfalls wirkt es Benachteiligungen während der Schwangerschaft, nach der Entbindung und in der Stillzeit entgegen.

 

2.    Wann gilt das MuSchG?

Sachlich findet das MuSchG in Betrieben und Verwaltungen aller Art, auch in Tendenzbetrieben sowie für Beschäftigte in Familienhaushalten, in der Landwirtschaft und in der See- und Luftfahrt Anwendung. Eine bestimmte Betriebsgröße ist nicht erforderlich.

Örtlich ist das MuSchG anwendbar, wenn der Arbeitsort in Deutschland liegt. Die Staatsangehörigkeit der Arbeitnehmerin und des Arbeitgebers sowie ggf. der Unternehmenssitz spielen keine Rolle. Das MuSchG ist auch anwendbar, wenn die Arbeitnehmerin im Ausland wohnt, jedoch in Deutschland beschäftigt ist. Liegt der Arbeitsort der Arbeitnehmerin hingegen im Ausland und ist sie in Deutschland wohnhaft, scheidet eine Anwendung des MuSchG regelmäßig aus.

Nach § 1 Abs. 2 S. 1 MuSchG gilt das Gesetz für Frauen in einer Beschäftigung iSv § 7 Abs. 1 SGB IV. Ausschlaggebend ist deshalb das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, in dem weisungsgebundene Arbeit in einer fremden Arbeitsorganisation erbracht wird. Erfasst ist auch ein fehlerhaftes Arbeitsverhältnis. Der Arbeitsvertrag muss also nicht zwingend wirksam sein. Durch § 1 Abs. 4 MuSchG wird klargestellt, dass auch Leihmütter von dem Schutzbereich des MuSchG erfasst sind. Ebenfalls geschützt werden Handelsvertreterinnen sowie weibliche Organmitglieder von juristischen Personen. Adoptivmütter sind mangels schwangerschaftsbedingter Belastungen nicht vom Schutzbereich des MuSchG erfasst.

 

3.    Welche Mitteilungspflichten treffen Schwangere?

Gemäß § 15 Abs. 1 MuSchG soll eine schwangere Frau ihrem Arbeitgeber ihre Schwangerschaft und den voraussichtlichen Tag der Entbindung mitteilen, sobald sie weiß, dass sie schwanger ist. Eine stillende Frau soll ihrem Arbeitgeber so früh wie möglich mitteilen, dass sie stillt.

Bestimmte Formvorschriften für die Mitteilung gelten nicht, daher kann sie auch mündlich erfolgen. Ebenfalls ausreichend ist eine Mitteilung gegenüber einem in personellen Angelegenheiten tätigen Vertreter des Arbeitgebers oder dem Dienstvorgesetzten. Für die Mitteilung ist ebenfalls ausreichend, dass die Schwangere diese durch eine Vertreterin erklären lässt.

Zu beachten ist, dass § 15 Abs. 1 MuSchG keine Rechtspflicht beinhaltet. Die Regelung stellt vielmehr eine Empfehlung an die Arbeitnehmerin im Interesse ihrer und der Gesundheit ihres Kindes dar. Eine Verpflichtung kann sich unabhängig von § 15 MuSchG jedoch aus arbeitsvertraglichen Rücksichtnahmepflichten ergeben, wenn berechtigte Arbeitgeberinteressen berührt sind.

Für die schwangere Frau, die dem Arbeitgeber das Bestehen ihrer Schwangerschaft mitgeteilt hat, besteht die Pflicht, ihn unverzüglich darüber zu informieren, wenn die Schwangerschaft frühzeitig endet.

 

4.    Wie ist der betriebliche Gesundheitsschutz geregelt?

Die grundlegenden Zielsetzungen des betrieblichen Gesundheitsschutzes sind in § 9 Abs. 1 MuSchG geregelt. Danach hat der Arbeitgeber bei der Gestaltung der Arbeitsbedingungen einer schwangeren oder stillenden Frau alle aufgrund der Gefährdungsbeurteilung nach § 10 MuSchG erforderlichen Maßnahmen für den Schutz ihrer physischen und psychischen Gesundheit sowie der ihres Kindes zu treffen. Nach § 9 Abs. 2 MuSchG hat der Arbeitgeber die Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass Gefährdungen einer schwangeren oder stillenden Frau oder ihres Kindes möglichst vermieden werden und eine unverantwortbare Gefährdung ausgeschlossen wird.

Erforderlich ist darüber hinaus eine anlassunabhängige Gefährdungsbeurteilung nach Maßgabe von § 10 Abs. 1 MuSchG. Gemäß § 10 Abs. 2 MuSchG hat der Arbeitgeber, sobald eine Frau ihm mitgeteilt hat, dass sie schwanger ist oder stillt, die nach Maßgabe der Gefährdungsbeurteilung erforderlichen Schutzmaßnahmen festzulegen.

Die Arbeitsbedingungen müssen so gestaltet sein, dass Gefährdungen der schwangeren oder stillenden Frau möglichst vermieden und die verbleibenden Gefährdungen möglichst gering gehalten werden. Für eine Gefährdung iSv § 9 MuSchG ist ein hinreichender Bezug zur ausgeübten Tätigkeit und zu den mit ihr verbundenen Arbeitsbedingungen erforderlich. Ein solcher Bezug liegt vor, wenn eine im Vergleich zu Frauen, die den betreffenden Arbeitsbedingungen nicht ausgesetzt sind, signifikant erhöhte Wahrscheinlichkeit besteht, dass eine gesundheitliche Beeinträchtigung eintritt.

Zu beachten ist, dass § 9 MuSchG zwischen verantwortbaren und unverantwortbaren Gefährdungen unterscheidet. Gemäß § 9 Abs. 2 S. 2 MuSchG ist eine Gefährdung unverantwortbar, wenn die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Gesundheitsbeeinträchtigung angesichts der zu erwartenden Schwere des möglichen Gesundheitsschadens nicht hinnehmbar ist.

 

5.    Wann gilt ein Beschäftigungsverbot?

Ein Beschäftigungsverbot kann sich zunächst aus § 16 Abs. 1 MuSchG ergeben. Danach darf der Arbeitgeber eine schwangere Frau nicht beschäftigten, soweit nach einem ärztlichen Zeugnis ihre Gesundheit oder die ihres Kindes bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet ist. Hierfür maßgeblich sind einerseits der individuelle Gesundheitszustand und andererseits die konkrete Arbeitstätigkeit der schwangeren Arbeitnehmerin. Zu beachten ist, dass die Arbeit der Schwangeren oder ihr räumlicher Arbeitsbereich selbst nicht gesundheitsgefährdend sein muss. Ausreichend ist, dass im Einzelfall aufgrund individueller Verhältnisse der Schwangeren die Gesundheit von Mutter oder Kind gefährdet würden.

Darüber hinaus kann sich ein Beschäftigungsverbot aus § 11 MuSchG ergeben. Danach darf der Arbeitgeber eine schwangere Frau keine Tätigkeiten ausüben lassen und sie keinen Arbeitsbedingungen aussetzen, bei denen sie in einem Maß Gefahrstoffen ausgesetzt ist oder sein kann, dass dies für sie oder für ihr Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellt. Liegen die Voraussetzungen von § 11 MuSchG vor ist der Tatbestand von § 16 Abs. 1 MuSchG automatisch miterfüllt. Da es sich bei § 11 MuSchG um eine spezielle Regelung handelt, hat sie Vorrang vor § 16 MuSchG. § 11 MuSchG enthält darüber hinaus eine Aufzählung von Tätigkeiten, die nicht durch schwangere Frauen ausgeführt werden dürfen. Ein entsprechendes Verbot ergibt sich aus § 12 MuSchG für stillende Frauen.

Aus § 3 Abs. 1 MuSchG ergibt sich außerdem ein generelles Beschäftigungsverbot für die letzten sechs Wochen vor der Entbindung. Danach darf der Arbeitgeber eine schwangere Frau in den letzten sechs Wochen vor der Entbindung nicht beschäftigten, soweit sie sich nicht zur Arbeitsleistung ausdrücklich bereit erklärt. Außerdem darf der Arbeitgeber eine Frau nach § 3 Abs. 2 MuSchG bis zum Ablauf von acht Wochen nach der Entbindung nicht beschäftigten. Bei Frühgeburten und Mehrlingsgeburten verlängert sich diese Frist gemäß § 3 Abs. 2 S. 2 MuSchG auf zwölf Wochen.

Nach § 4 MuSchG gilt ein Verbot der Mehrarbeit und nach § 5 MuSchG ein Verbot der Nachtarbeit für schwangere Frauen.

 

6.    Welche kündigungsschutzrechtlichen Besonderheiten ergeben sich aus dem MuSchG?

Nach § 17 Abs. 1 MuSchG ist die Kündigung einer Frau während ihrer Schwangerschaft (Nr. 1), bis zum Ablauf von vier Monaten nach einer Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche (Nr. 2) und bis zum Ende ihrer Schutzfrist nach der Entbindung, mindestens jedoch bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung (Nr. 3) unzulässig, wenn dem Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung die Schwangerschaft, die Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche oder die Entbindung bekannt ist oder wenn sie ihm innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird.

Sollte der Arbeitgeber entgegen dem bestehenden Kündigungsverbot nach § 17 Abs. 1 MuSchG kündigen, ist die Kündigung nach § 134 BGB unwirksam und nichtig. Darüber hinaus kann sich der Arbeitgeber in einem solchen Fall nach § 823 Abs. 2 BGB schadensersatzpflichtig machen, da § 17 MuSchG ein Schutzgesetz iSd Vorschrift darstellt. Weiterhin ist zu beachten, dass das Verbot auch für solche Arbeitnehmerinnen gilt, die zur Vertretung von in Mutterschutz stehenden Arbeitnehmerinnen eingestellt sind.

Das Verbot gilt mit Beginn des Arbeitsverhältnisses. Die tatsächliche Aufnahme der vereinbarten Tätigkeit ist nicht erforderlich, mit der Folge, dass das Verbot auch bei einer Kündigung nach Abschluss des Arbeitsvertrages und vor Dienstantritt gilt.

 

7.    Wann besteht ein Anspruch auf Mutterschutzlohn?

Nach § 18 S. 1 MuSchG besteht ein Anspruch auf Mutterschutzlohn, wenn eine Frau, die wegen eines Beschäftigungsverbots außerhalb der Schutzfristen vor oder nach der Entbindung teilweise oder gar nicht beschäftigt werden darf. Selbiges gilt, wenn wegen des Verbots die Beschäftigung oder die Entlohnungsart wechselt. Der Zweck dieser Regelung besteht darin, die Arbeitnehmerin vor Verdiensteinbußen zu bewahren, die bei Einhaltung und Beachtung der Beschäftigungsverbote eintreten würden.

Erforderlich ist, dass das Beschäftigungsverbot die nicht wegzudenkende Ursache für das Nichtleisten der Arbeit und den damit verbundenen Verdienstausfall ist. Kein Anspruch nach § 18 MuSchG besteht, wenn die Arbeit aus Gründen, die mit der Schwangerschaft oder Entbindung in keinem Zusammenhang stehen, ganz oder teilweise ausfällt.