Abschluss und Form des Arbeitsvertrages (Nachweisgesetz)

 

1.   Wie kommt ein Arbeitsvertrag zustande?

Der Abschluss eines Arbeitsvertrages erfolgt nach Maßgabe der §§ 145 ff. BGB durch Antrag und Annahme. Die empfangsbedürftigen, aufeinander bezogenen Willenserklärungen können sowohl mündlich, als auch schriftlich, ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten abgegeben werden. Eine bloße Stellenausschreibung, beispielsweise in der Form eines Zeitungsinserates, stellt noch kein Vertragsangebot dar.

 

2.   Welche Formvorschriften gelten hinsichtlich des Arbeitsvertrages?

Es gilt der Grundsatz der Formfreiheit. Der Abschluss des Arbeitsvertrages ist somit grundsätzlich formfrei möglich. Daher können Arbeitsverträge grundsätzlich mündlich, schriftlich, ausdrücklich oder konkludent abgeschlossen werden. Unerheblich ist auch die wechselseitige Aushändigung von Arbeitspapieren für den wirksamen Abschluss eines Arbeitsvertrages. Abweichungen vom Grundsatz der Formfreiheit ergeben sich auch nicht aus dem Nachweisgesetz.

Demgegenüber besteht jedoch für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 623 BGB ein Schriftformerfordernis.

 

3.   Was regelt das Nachweisgesetz im Einzelnen?

 

3.1   Schriftlicher Nachweis der Arbeitsbedingungen

Das Nachweisgesetz entfaltet Wirkung für alle Arbeitnehmer, außer sie werden nur zur vorübergehenden Aushilfe von höchstens einem Monat eingestellt. Auch für außertarifvertragliche Arbeitnehmer gilt das Nachweisgesetz, nicht hingegen für arbeitnehmerähnliche Personen. Den Arbeitgeber trifft die Pflicht, spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich festzuhalten und die Niederschrift dem Arbeitnehmer unterschrieben auszuhändigen. Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Arbeitsvertrages hat die Erfüllung des Nachweisgesetzes nicht. Die Nachweispflichten hinsichtlich eines Leiharbeitnehmers beschränken sich auf die in seinem Vertragsverhältnis zum Verleiher geltenden Bedingungen.

 

3.2   Inhalt der Niederschrift

Die Niederschrift muss nach § 2 Abs. 1 S. 2 NachwG mindestens umfassen:

  • Name und Anschrift der Vertragsparteien; nicht die Rechtsform des Arbeitgebers,
  • Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses,
  • Die vorhersehbare Dauer bei befristeten Arbeitsverhältnissen,
  • Der Arbeitsort oder einen Hinweis darauf, dass der Arbeitnehmer an mehreren Orten beschäftigt werden kann,
  • Eine Beschreibung der zu leistenden Tätigkeit,
  • Sofern vereinbart, die Dauer der Probezeit,
  • Die Höhe und Zusammensetzung des Arbeitsentgeltes inklusive der Zuschläge, der Zulagen, Prämien, freiwilligen Leistungen und Sonderzahlungen und deren Fälligkeit,
  • Die vereinbarte Arbeitszeit, vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und Voraussetzungen für Schichtänderungen,
  • Bei Arbeit auf Abruf nach § 12 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes die Vereinbarung, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat, die Zahl der mindestens zu vergütenden Stunden, die Zeitrahmen, bestimmt durch Referenztage und Referenzstunden, der für die Erbringung der Arbeitsleistung festgelegt ist, und die Frist, innerhalb derer der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit im Voraus mitzuteilen hat,
  • Sofern vereinbart, die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen,
  • Die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs,
  • Ein etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung,
  • Wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine betriebliche Altersversorgung über einen Versorgungsträger zusagt, der Name und die Anschrift dieses Versorgungsträgers; die Nachweispflicht entfällt, wenn der Versorgungsträger zu dieser Information verpflichtet ist,
  • Das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnis von Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage; § 7 des KSchG ist auch bei einem nicht ordnungsgemäßen Nachweis der Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage anzuwenden,
  • Ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen sowie Regelungen paritätisch besetzter Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber festlegen,
  • Sollte der Arbeitnehmer länger als einen Monat seine Tätigkeit außerhalb Deutschlands erbringen, müssen die in § 2 Abs. 2 NachwG aufgeführten Angaben enthalten sein,

 

Alternativ zu der Niederschrift können die Daten in den Arbeitsvertrag übernommen werden. So auch regelmäßig in der Praxis. Dem Arbeitnehmer sind Änderungen von wesentlichen Vertragsbedingungen spätestens einen Monat nach deren Wirksamwerden schriftlich mitzuteilen. Ein Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen in elektronischer Form ist gemäß § 2 Abs. 1 S. 3 NachwG ausgeschlossen.

 

3.3   Schadensersatz

Ein Verstoß gegen die Pflichten aus dem NachwG kann einen Schadensersatzanspruch gemäß §§ 286, 280, 249 BGB begründen. Gerichtet ist dieser gemäß § 249 BGB auf Naturalrestitution. Das bedeutet, dass von einem Kausalverlauf auszugehen ist, der sich ergeben hätte, wenn der Arbeitgeber seinen Nachweispflichten ordnungsgemäß nachgekommen wäre.

Die möglicherweise in allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträgen enthaltenen Ausschlussfristen lassen die Nachweispflicht nach § 2 Abs. 1 NachwG nicht entfallen. Zwar sind die tarifvertraglichen Bedingungen nicht einzeln in die Niederschrift aufzunehmen, erforderlich ist aber ein Hinweis nach § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 15 NachwG. Kommt der Arbeitgeber seiner Hinweispflicht bezüglich der Ausschlussfristen nicht nach, besteht der Schaden nach § 249 BGB im Erlöschen des Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers, sofern dieser seine Ansprüche nicht rechtzeitig geltend macht. Aufgrund der vorgeschriebenen Naturalrestitution kann der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber fordern, so gestellt zu werden, als sei sein Vergütungsanspruch nicht erloschen. Begründet ist der Schadensersatzanspruch dann, wenn die geltend gemachte Forderung tatsächlich bestand und nur aufgrund der Versäumung der Ausschlussfrist untergegangen ist, bei ordnungsgemäßem Nachweis durch den Arbeitgeber indes noch bestehen würde. Den Arbeitnehmer trifft dabei die Darlegungslast bezüglich der Kausalität zwischen Pflichtverletzung und eingetretenem Schaden. Dabei hat er zu darzulegen, dass er, unter Berücksichtigung seiner Ausbildung und bisherigen Tätigkeit, die tarifvertragliche Ausschlussfrist nicht gekannt und deshalb nicht gewusst habe, dass eine Ausschlussfrist auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finde. Außerdem muss er darzustellen, dass er die Ausschlussfrist bei rechtzeitigem Nachweis berücksichtigt hätte. Grundsätzlich gilt jedoch bei einem Verstoß gegen die Hinweispflicht aus § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 15 NachwG die Vermutung, dass der Arbeitnehmer die Ausschlussfrist beachtet hätte, wenn ein Hinweis auf die Geltung des Tarifvertrages erfolgt wäre. Die Vermutung kann durch den Arbeitgeber widerlegt werden.

Ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB kommt nicht in Betracht, da § 2 NachwG kein Schutzgesetz im Sinne dieser Norm darstellt.

 

3.4   Darlegungs- und Beweislast

Bei der Niederschrift des Nachweises handelt es sich um eine Privaturkunde iSv § 416 ZPO. Beruft sich der Arbeitnehmer, zB zur Begründung eines Entgeltanspruchs, auf die im Nachweis niedergeschriebene Vergütungsregelung, ist damit zwar noch nicht die Richtigkeit der darin geregelten Vergütungshöhe bewiesen. Es ist jedoch im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO regelmäßig davon auszugehen, dass einer äußerlich mangelfreien und echten (§ 419 ZPO) Urkunde erhebliches Gewicht zukommt.

Erfüllt der Arbeitgeber seine Pflichten aus dem NachwG nicht, kommt es zu keiner Beweislastumkehr zulasten des Arbeitgebers. In diesen Fällen kommen jedoch die Grundsätze der Beweisvereitelung zur Anwendung. Demnach ist das Verhalten des Arbeitgebers nur innerhalb der Beweiswürdigung zu berücksichtigen. Zu beachten ist außerdem, dass der bloße Verstoß gegen die Nachweispflichten noch nicht die Richtigkeit der Behauptung des Arbeitnehmers begründet. Hierfür sind weitere Anhaltspunkte erforderlich.