Kündigungsfristen

1.       Was ist eine Kündigungsfrist?

Bei vertraglich geregelten Arbeitsverhältnissen handelt es sich um sogenannte Dauerschuldverhältnisse. Das bedeutet, dass für beide Vertragsparteien immer wieder und fortlaufend Leistungspflichten begründet werden. Haben die Parteien keine Befristung vereinbart oder das Arbeitsverhältnis einvernehmlich durch einen Aufhebungsvertrag beendet, endet es nur, wenn eine der Vertragsparteien kündigt. Durch die Kündigungsfristen wird bestimmt, wie lange das Arbeitsverhältnis nach Erklärung der Kündigung noch weiter besteht, bis es tatsächlich beendet wird. Neben dem Rückgriff auf gesetzliche Regelungen, besteht außerdem die Möglichkeit die Kündigungsfristen einzel- bzw. tarifvertraglich zu regeln.

 

2.       Wo sind Kündigungsfristen geregelt?

Die Kündigungsfristen für Arbeitnehmer sind in § 622 BGB geregelt. Die Kündigungsfristen für Vorstände und Geschäftsführer ergeben sich hingegen aus § 621 BGB, da deren Dienstverhältnisse kein Arbeitsverhältnisse iSd § 622 BGB darstellen.

Bei der Kündigung eines Auszubildenden ist § 22 BBiG zu beachten. Demnach kann ein Berufsausbildungsverhältnis während der Probezeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Nach Ablauf der Probezeit gelten die Fristen des § 622 BGB.

Zu beachten ist außerdem § 19 BEEG, wonach der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis zum Ende der Elternzeit nur unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten kündigen kann.

Auch für schwerbehinderte Menschen gilt eine Ausnahmeregelung. Die Kündigungsfrist beträgt hier mindestens vier Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt der Kündigung ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, §§ 169, 173 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX. Die verlängerte Kündigungsfrist gilt allerdings nur für den Arbeitgeber, nicht für den Schwerbehinderten.

Grundsätzlich gilt § 622 BGB auch für die Arbeitnehmerüberlassung. § 622 Abs. 5 Nr. 1 BGB ist jedoch nicht auf Arbeitsverhältnisse zwischen Verleihern und Leiharbeitern anwendbar, weshalb kürzere Fristen als in § 622 Abs. 1 BGB geregelt nicht vertraglich vereinbart werden können.

Während eines laufenden Insolvenzverfahrens ergeben sich die Kündigungsfristen aus § 113 InsO.

 

3.       Welche Fristen gelten für die Kündigung eines Arbeitnehmers?

Gemäß § 622 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden. Hierbei handelt es sich um die Grundkündigungsfrist.

 

4.       Welche verlängerten Kündigungsfristen gibt es?

Die Grundkündigungsfrist von vier Wochen verlängert sich für die Kündigung durch den Arbeitgeber nach Maßgabe des § 622 Abs. 2 BGB. Für Arbeitnehmer gelten die verlängerten Kündigungsfristen nur, wenn dies vertraglich vereinbart worden ist.

Für die Bestimmung der Beschäftigungsdauer ist der rechtliche Bestand des gekündigten Arbeitsverhältnisses maßgebend. Unterbrechungen, beispielsweise durch längere Arbeitsunfähigkeit, sind nicht zu berücksichtigen. Hat das Arbeitsverhältnis hingegen kraft Gesetzes geruht, sind diese Zeiten zu beachten. Hierunter fällt zB die Elternzeit.

Ausschlaggebend für die Berechnung ist der Zugang der Kündigung und nicht der Ablauf der Kündigungsfrist (Kündigungstermin). Zu berücksichtigen sind für die Dauer auch Berufsausbildungsverhältnisse. Im Falle eines Betriebsübergangs nach § 613a BGB wird die bei dem Veräußerer bestandene Dauer des Arbeitsverhältnisses bei dem Erwerber hinzugerechnet.

Die verlängerten Kündigungsfristen beziehen sich nur auf die ordentliche, nicht aber auf die außerordentliche Kündigung.  Eine Ausnahme hiervon besteht bei der außerordentlichen Kündigung  mit Auslauffrist.

Gemäß § 622 Abs. 6 BGB darf für die Kündigung durch den Arbeitnehmer keine längere Frist als für die Kündigung durch den Arbeitgeber vereinbart werden.

 

5.       Wie wird die Kündigungsfrist berechnet?

Die Berechnung erfolgt anhand der §§ 186 ff. BGB. Grundsätzlich beginnt die Kündigungsfrist mit dem Zugang der Kündigungserklärung. Die Grundkündigungsfrist nach § 622 Abs. 1 BGB beträgt vier Wochen, also 28 Tage. Nach §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB ergeben sich für die Grundkündigungsfrist mithin folgende Berechnungen:

(1)          In Monaten mit 30 Tagen muss für eine Kündigung zum Monatsende am 2. des Monats, für eine Kündigung zum 15. des Folgemonats am 17. des Monats gekündigt werden.

(2)          In Monaten mit 31 Tagen muss für eine Kündigung zum Monatsende am 3. des Monats, für eine Kündigung zum 15. des Folgemonats zum 18. des Monats gekündigt werden.

(3)          Für den Februar gelten folgende Besonderheiten: Eine Kündigung zum 28.2. bzw. zum 29.2. muss am 31.1. bzw. am 1.2. erfolgen. Eine Kündigung zum 15.3. muss am 15.2. bzw. 16.2. erfolgen.

Entscheidend ist, dass die Kündigung an den jeweiligen Tagen zugeht.

 

6.       Sind die Kündigungstermine verbindlich?

Eine Kündigung kann auch unter einer längeren Kündigungsfrist als der gesetzlich vorgeschrieben erklärt werden. Nicht zur Disposition stehen jedoch die Kündigungstermine des § 622 Abs. 1 BGB. Sie sind verbindlich. Aus diesem Grund kann eine Kündigung nicht zu einem anderen Termin als zum Fünfzehnten oder zum Monatsende ausgesprochen werden. Die Kündigungstermine können nicht verändert werden.

 

7.       Was passiert bei einer Kündigung mit zu kurzer Kündigungsfrist?

Ist die Kündigungsfrist zu kurz bemessen, ist zunächst durch Auslegung zu ermitteln, ob der Arbeitgeber eine fristgemäße Kündigung erklären wollte. Nach der Rechtsprechung des BAG ist davon auszugehen, dass der Arbeitgeber zum richtigen Zeitpunkt kündigen will. Dies ist vor allem der Fall, wenn er sich eines Zusatzes wie „hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ bedient. Bezeichnet der Arbeitgeber das Kündigungsschreiben jedoch als „ordentlich“ und erklärt die Kündigung zu einem bestimmten, objektiv falschen Zeitpunkt, kann diese Erklärung grundsätzlich nicht so ausgelegt werden, dass es dem Arbeitgeber um die Einhaltung der Kündigungsfrist ging und das aufgenommene Datum lediglich auf einer fehlerhaften Berechnung beruht. In diesem Fall besteht nur die Möglichkeit der Umdeutung zum richtigen Beendigungszeitpunkt. Der Arbeitnehmer muss die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist mit der Kündigungsschutzklage nach § 4 S. 1 KSchG geltend machen.

 

8.       Wann kommt eine Umdeutung in Betracht?

Grundsätzlich ist eine Kündigung mit zu kurzer Kündigungsfrist nichtig. Das bedeutet, dass das Arbeitsverhältnis nicht zum angegebenen Termin beendet wird. In Betracht kommt jedoch eine Umdeutung nach § 140 BGB. Hiernach kann ein nichtiges Rechtsgeschäft, dass den Erfordernissen eins anderen Rechtsgeschäfts entspricht, in das wirksame Rechtsgeschäft umgedeutet werden, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde. Dann ist ausschlaggebend, was der Arbeitgeber bei Kenntnis der Fehlerhaftigkeit der Frist gewollt hätte. Die Umdeutung in eine fristgemäße Kündigung ist jedoch nur dann möglich, wenn der Arbeitnehmer die Unwirksamkeit der Kündigung mit der Klage nach § 4 S. 1 KSchG angegriffen hat und nicht die Fiktionswirkung des § 7 KSchG eingetreten ist.

Liegen die Voraussetzungen des § 140 BGB vor, wird die aufgrund einer zu kurzen Frist unwirksame Kündigung in eine wirksame, fristgemäße Kündigung umgedeutet.

 

9.       Können die Fristen einzelvertraglich geregelt werden?

Grundsätzlich können weder die Grundkündigungsfrist des § 622 Abs. 1 BGB noch die verlängerten Fristen des § 622 Abs. 2 BGB einzelvertraglich zum Nachteil des Arbeitnehmers verkürzt werden. Eine Ausnahme hiervon gilt für die vereinbarte Möglichkeit der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer gegen Abfindungszahlung im Wege eines Abwicklungsvertrages. Weitere Ausnahmen normiert § 622 Abs. 3 BGB im Rahmen eines Probearbeitsverhältnisses, Abs. 4 im Geltungsbereich von Tarifverträgen sowie Abs. 5 für Aushilfsarbeitsverhältnisse und Kleinunternehmen.

 

9.1      Kann eine Frist zum Quartalsende vereinbart werden?

Oft wird in Arbeitsverträgen ein Kündigungstermin zum Quartalsende vereinbart. Problematisch ist dies deshalb, da je nach Zeitpunkt der Kündigung mal die vertraglich vereinbarte, mal die gesetzliche Frist von zwei Monaten zum Monatsende länger ist. Entscheidend ist hier ein Günstigkeitsvergleich der vereinbarten und gesetzlichen Fristen. Die vertraglich vereinbarte Frist ist nur dann günstiger als die gesetzliche Regelung, wenn sie in jedem Fall zu einer späteren Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt. Dies hat zur Folge, dass eine vereinbarte Kündigungsfrist von drei Monaten zum Quartalsende ab einer Betriebszugehörigkeit von zehn Jahren unwirksam ist. Nicht möglich ist darüber hinaus eine Kombination der längeren gesetzlichen Frist mit der vertraglichen Fristenvereinbarung in der Weise, dass die jeweils günstigere Regelung gilt. Damit wäre im Ergebnis nämlich lediglich der Arbeitnehmer begünstigt.

Eine Vereinbarung über eine Kündigungsfrist zum Quartalsende ist also grundsätzlich möglich. Ihre Vereinbarkeit mit den gesetzlichen Fristenregelungen kann jedoch nur anhand der Gesamtregelung überprüft werden. Wirksam ist eine solche individualvertragliche Regelung nur, wenn die vereinbarte Kündigungsfrist zum Quartalsende immer länger ist, als die gesetzlich vorgeschriebene.

 

9.2      Welche Besonderheiten gelten bei Probearbeitsverhältnissen?

Gemäß § 622 Abs. 3 BGB gilt während einer vereinbarten Probezeit, die nicht länger als sechs Monate dauert, eine Kündigungsfrist von zwei Wochen.

Dies gilt sowohl für befristete als auch für unbefristete Probearbeitsverhältnisse.  Für den Fall, dass vertraglich eine sechs Monate übersteigende Probezeit vereinbart wird, gilt nach Ablauf der sechs Monate die Grundkündigungsfrist des § 622 Abs. 1 BGB. Die Verkürzung der Kündigungsfrist gemäß § 622 Abs. 3 BGB muss nicht ausdrücklich im Arbeitsvertrag geregelt werden. Sobald eine Probezeit vereinbart ist, greift auch die Fristverkürzung. Die Kündigungsfrist von zwei Wochen gilt bis zum Ablauf von sechs Monaten, auch wenn das Ende der Kündigungsfrist nach Ablauf der Probezeit liegt. Die Vereinbarung von längeren Kündigungsfristen während eines Probearbeitsverhältnisses ist möglich. Eine weitere Verkürzung der Fristen kann hingegen nicht vertraglich vereinbart werden.

Ferner hat der Arbeitgeber die Möglichkeit dem Arbeitnehmer im Falle einer nicht bestandenen Probezeit eine Bewährungschance zu gewähren. So kann er, ohne rechtswidrig zu handeln, anstatt das Probearbeitsverhältnis innerhalb der Frist des § 1 Abs. 1 KSchG mit der verkürzten Frist zu beenden, dem Arbeitnehmer mit einer längeren Kündigungsfrist kündigen und ihm für den Fall seiner Bewährung die Wiedereinstellung zusagen.

 

9.3      Welche Besonderheiten gelten bei Aushilfsarbeitsverhältnissen?

Gemäß § 622 Abs. 5 Nr. 1 BGB kann bei unbefristeten Aushilfsarbeitsverhältnissen eine kürzere Kündigungsfrist als die Grundkündigungsfrist des Abs. 1 vereinbart werden. Voraussetzung hierfür ist, dass der Arbeitnehmer zur vorübergehenden Aushilfe eingestellt ist und das Arbeitsverhältnis nicht über die Zeit von drei Monaten fortgesetzt wird. Aus dem Arbeitsvertrag muss sich klar entnehmen lassen, dass die Beschäftigung nur der vorübergehenden Aushilfe dient. Der Arbeitsbedarf darf nur vorübergehend bestehen.

 

9.4      Kann tarifvertraglich etwas anderes vereinbart werden?

Ja. Gemäß § 622 Abs. 4 S. 1 BGB kann zunächst durch Tarifvertrag von den Regelungen des § 622 Abs. 1-3 BGB abgewichen werden, dh auch kürzere Kündigungsfristen vereinbart werden. Ferner können gemäß § 622 Abs. 4 S. 2 BGB auch nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung tarifvertraglicher Kündigungsfristen vereinbaren, sofern diese im Geltungsbereich eines Tarifvertrages tätig sind. Es ist auch zulässig, die tarifvertraglichen Regelungen in den Arbeitsvertrag durch ausdrückliche Wiedergabe aufzunehmen. Die Bezugnahme auf den Tarifvertrag kann dabei ausdrücklich oder konkludent erfolgen und bedarf grundsätzlich keiner bestimmten Form.

 

10.     Inwiefern können die Kündigungsfristen einzelvertraglich verlängert werden?

Grundsätzlich ist die einzelvertragliche Verlängerung der Kündigungsfristen möglich. Eine solche Verlängerung kann auch dadurch erfolgen, dass die Anzahl der Kündigungstermine verringert wird. § 622 Abs. 6 BGB verbietet allerdings die Vereinbarung einer längeren Kündigungsfrist für die Kündigung durch den Arbeitnehmer als durch den Arbeitgeber. Hiervon erfasst ist auch die Verringerung der Kündigungstermine für den Arbeitnehmer.

Darüber hinaus enthält § 624 BGB eine Regelung zur Fristverlängerung bei Verträgen über mehr als fünf Jahre.