Kurzarbeit

1.    Was ist Kurzarbeit?

Kurzarbeit ist die vorübergehende Kürzung der betriebsüblichen normalen Arbeitszeit. Davon abzugrenzen ist die vorübergehende Arbeitseinstellung. Diese wird „Aussetzen der Arbeit“, „Feierschicht“ oder „vorübergehende Betriebsstilllegung“ genannt. Der Grund für die Einführung von Kurzarbeit besteht oftmals darin, dass der Betriebsablauf die Einschränkung der Arbeit notwendig macht. Eine dauernde Arbeitseinstellung auf Anordnung des Arbeitgebers unter Fortzahlung der Vergütung ist nicht möglich, da er sonst gegen seine Beschäftigungspflicht verstößt.

Als Rechtsgrundlage für die Einführung von Kurzarbeit kann entweder ein Gesetz (zB § 19 KSchG), eine vertragliche Vereinbarung, ein Tarifvertrag, eine Betriebsvereinbarung, oder eine Änderungskündigung dienen.

 

1.1.      Was ist bei der vertraglichen Regelung von Kurzarbeit zu beachten?

Die Einführung von Kurzarbeit kann grundsätzlich auch einzelvertraglich vereinbart werden. Hierfür bedarf es jedoch der genauen Formulierung der Voraussetzungen für die Einführung sowie der Zustimmung des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG.

Zu berücksichtigen ist ferner, dass Kurzarbeitsklauseln in Formulararbeitsverträgen der AGB-Kontrolle unterliegen. Regelmäßig wirksam sind solche Klauseln, wenn sie die in § 95 SGB III geregelten Anforderungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld beachten. Das Anknüpfen an die Regelung des § 95 SGB III ist dabei ausreichend. Die tatsächliche Zahlung von Kurzarbeitergeld ist nicht erforderlich.

 

1.2.      Was ist bei tariflichen Kurzarbeitsklauseln zu beachten?

Bei der tariflichen Regelung von Kurzarbeit besteht ein großer Spielraum. Es gibt Tarifverträge, in denen Arbeitgeber und Betriebsrat ermächtigt werden, nach Einhaltung einer Änderungskündigungsfrist Kurzarbeit einzuführen. Daneben gibt es auch Tarifverträge, die regeln, dass Kurzarbeit nur nach Einschaltung der Tarifvertragsparteien eingeführt werden darf. Immer geregelt ist jedoch das Verfahren, das bei Einführung der Kurzarbeit eingehalten werden muss. Dies umfasst Regelungen bezüglich des Anlasses, der Ankündigungsfristen, der Dauer und des Umfangs sowie ggf. der Gewährung von Kurzarbeitergeld durch die Arbeitsverwaltung. Dem Arbeitgeber darf die Einführung von Kurzarbeit nicht ohne Vorgaben überlassen werden.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass tarifliche Kurzarbeitsklauseln Inhaltsnormen darstellen, die den Inhalt des Arbeitsvertrags (zB Arbeitszeit und Vergütung) ausgestalten. Gegenüber Nichttarifgebundenen entfalten tarifliche Kurzarbeitsklauseln nur Wirkung, wenn eine Bezugnahmeklausel auf den Tarifvertrag im Arbeitsvertrag vorliegt oder der Tarifvertrag allgemeinverbindlich erklärt wurde.

 

1.3.      Was ist bei der Einführung durch Betriebsvereinbarung zu beachten?

Liegt keine einzelvertragliche oder tarifvertragliche Kurzarbeitsklausel vor, kann nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG durch Betriebsvereinbarung Kurzarbeit eingeführt werden. Durch sie wird der vertraglich vereinbarte Arbeitsumfang vorübergehend herabgesetzt. Wichtig ist, dass die Einführung von Kurzarbeit aufgrund einer Betriebsvereinbarung nur möglich ist, soweit keine vorrangige gesetzliche oder tarifliche Regelung besteht.

Die Betriebsvereinbarung muss Beginn und Dauer der Kurzarbeit, die Lage und Verteilung der Arbeitszeit sowie die Auswahl der betroffenen Arbeitnehmer festlegen. Keine wirksame Einführung durch Betriebsvereinbarung liegt vor, wenn diese dem Arbeitgeber das Recht einräumt, allein darüber zu entscheiden, welche Arbeitnehmer zusätzlich zu den in der Betriebsvereinbarung Aufgezählten wegen ihrer Aufgabenstellung von der Kurzarbeit ausgenommen werden können.

 

1.4.      Was gilt, wenn keine Rechtsgrundlage für die Einführung von Kurzarbeit existiert?

In dem Fall, dass keine Rechtsgrundlage für die Einführung von vergütungsfreier Kurzarbeit oder Feierschichten existiert, kann der Arbeitgeber eine solche nur mit Zustimmung des Arbeitnehmers einführen. Stimmt der Arbeitnehmer der Einführung nicht zu, bleibt lediglich die Möglichkeit einer Änderungskündigung. Diese kann jedoch vom Arbeitnehmer im Wege der Kündigungsschutzklage angegriffen werden und birgt damit für den Arbeitgeber die Gefahr, dass die Kurzarbeit nicht für alle Arbeitnehmer zur selben Zeit eingeführt werden kann.

Führt der Arbeitgeber Kurzarbeit ein und nehmen die Arbeitnehmer Kurzarbeitsgeldzahlungen an, besteht die Möglichkeit einer konkludenten, einvernehmlichen Änderung des Arbeitsvertrags.

 

2.    Welche Folgen hat die Einführung von Kurzarbeit?

Bei der wirksamen Einführung von Kurzarbeit kommt es zu einer Suspendierung der Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsverhältnis in dem geregelten Umfang. Der Arbeitnehmer wird von der Arbeitspflicht befreit, verliert im Gegenzug aber in gleichem Umfang seinen Anspruch auf Vergütung.

Sollte die Bundesagentur für Arbeit die Gewährung von Kurzarbeitergeld widerrufen, steht dem Arbeitnehmer ein Anspruch auf Vergütungsfortzahlung in Höhe des Kurzarbeitergeldes gegen den Arbeitgeber zu.

Die Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis bleiben für die Zeit der Kurzarbeit bestehen.

 

3.    Wie werden Urlaubsansprüche während der Kurzarbeit behandelt?

Betrifft die eingeführte Kurzarbeit einzelne Wochentage, verringert sich der Urlaubsanspruch zeitanteilig. Es gilt dasselbe wie bei der dauerhaften Verringerung der Arbeitszeit. Ist ein Arbeitnehmer für ein gesamtes Kalenderjahr in Kurzarbeit Null, arbeitet also gar nicht, entstehen für dieses Jahr keine Urlaubsansprüche.

Im Grundsatz gilt: Der anteilige Urlaubsanspruch für den Kurzarbeitszeitraum ist mit dem anteiligen Urlaubsanspruch im übrigen Urlaubsjahr zu addieren.

Etwas anderes gilt, wenn durch die Kurzarbeit die tägliche Arbeitszeit reduziert wird, die Zahl der Arbeitstage aber unverändert bleibt. Hier ändert sich die Zahl der Urlaubstage nicht. Der Arbeitnehmer erhält jedoch nur für die reduzierte Arbeitszeit das Urlaubsentgelt. Die übrige Zeit wird mit Kurzarbeitergeld vergütet.

Hat der Arbeitgeber vor Einführung der Kurzarbeit für die Zeit der Kurzarbeit Urlaub gewährt, geht der urlaubsrechtliche Freistellungsanspruch grundsätzlich aufgrund nachträglicher Unmöglichkeit unter und erlischt. Da der Arbeitgeber die eingetretene Unmöglichkeit jedoch regelmäßig zu vertreten hat, muss er dem Arbeitnehmer gemäß §§ 280 Abs. 1, 283 S. 1 BGB als Schadensersatz Ersatzurlaub gewähren.