Leiharbeit (Arbeitnehmerüberlassung)

1.    Was versteht man unter dem Begriff „Leiharbeit“?

Der Begriff „Leiharbeit“ bzw. „Arbeitnehmerüberlassung“ bezieht sich auf ein Arbeitsmodell, bei dem ein Unternehmen seine Arbeitnehmer an ein anderes Unternehmen, das als Entleiher oder Kunde bezeichnet wird, vorübergehend „ausleiht“. Grundsätzlich arbeiten die überlassenen Arbeitnehmer unter der Leitung und Aufsicht des Entleihers. Formal bleiben sie hingegen weiterhin bei dem eigentlichen Arbeitgeber, dem Verleiher, angestellt.

Die Arbeitnehmerüberlassung wird oft in Situationen angewendet, in denen ein Unternehmen vorübergehenden oder kurzfristigen Personalbedarf hat. Der Entleiher kann sich durch die Überlassung von Arbeitskräften flexibel an schwankende Arbeitsbelastungen anpassen, ohne neue Mitarbeiter einstellen zu müssen. Der Verleiher wiederum erhält eine Gebühr für die Überlassung seiner Arbeitskräfte.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind in Deutschland im Gesetz zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung (AÜG) geregelt.

 

2.    Welche Arbeitnehmer sind von den Regelungen des AÜG erfasst?

In dem AÜG selbst sind keine genauen tatbestandlichen Voraussetzungen eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrags niedergelegt. Aus § 1 Abs. 1 AÜG ergibt sich lediglich, dass Arbeitgeber, die als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Arbeitsleistung überlassen (Arbeitnehmerüberlassung) wollen, der Erlaubnis bedürfen.

Der Arbeitnehmerbegriff richtet sich nach den unionsrechtlichen Vorgaben. Danach sind Personen erfasst, die während einer bestimmten Zeit für eine andere Person nach deren Weisung Leistungen erbringen, für die sie als Gegenleistung eine Vergütung erhalten. Hierfür nicht ausschlaggebend ist der Abschluss eines Arbeitsvertrages. Von dem AÜG erfasst ist deshalb auch die Überlassung von Personen zur Arbeitsleistung, die von einem Verleiher in einem anderen Rechtsverhältnis als einem Arbeitsverhältnis beschäftigt werden. Es spielt keine Rolle, ob sich der Leiharbeiter im Verhältnis zum Verleiher zur Leistung von weisungsgebundener Tätigkeit verpflichtet hat.

 

3.    Was versteht man unter einem echten Leiharbeitsverhältnis?

Ein sog. echtes Leiharbeitsverhältnis zeichnet sich dadurch aus, dass der Leiharbeiter weitestgehend im Unternehmen des Verleihers tätig wird und nur vereinzelt im Unternehmen des Entleihers arbeitet. So zB bei vorübergehendem Mehrbedarf an Arbeitskräften im Entleihunternehmen.

Der Einsatz des Arbeitnehmers bei einem anderen Arbeitgeber ist nur zulässig, soweit dies vereinbart oder der Arbeitnehmer mit einem solchen Einsatz einverstanden ist. Arbeitgeber bleibt weiterhin der Verleiher, auch während des Einsatzes beim Entleiher. Daraus folgt, dass der Verleiher weiterhin für die Vergütung, Vergütungsfortzahlung bei Urlaub und Krankheit usw. haftet. Der Leiharbeiter hat somit keine Ansprüche gegen den Entleiher, da es an einer vertraglichen Beziehung zum überlassenen Arbeitnehmer fehlt.

In den Geltungsbereich des AÜG fällt das Leiharbeitsverhältnis nur, wenn die Überlassung im Rahmen der wirtschaftlichen Tätigkeit des Entleihers erfolgt.

 

4.    Was versteht man unter einem unechten Leiharbeitsverhältnis?

Die sog. unechte Leiharbeit (auch Arbeitnehmerüberlassung) ist teilweise in § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG geregelt. Danach werden Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung überlassen, wenn sie in die Arbeitsorganisation des Entleihers eingegliedert sind und seinen Weisungen unterliegen. Diese gesetzliche Regelung dient der Abgrenzung von Leiharbeit und dem Einsatz des Arbeitnehmers als Erfüllungsgehilfe im Rahmen eines Dienst- oder Werkvertrages. Nach § 1 Abs. 1 S. 3 AÜG ist die Überlassung und das Tätigwerdenlassen nur zulässig, soweit zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis besteht. Hierdurch werden die Möglichkeiten von Ketten-, Zwischen- oder Weiterverleih ausgeschlossen.

Zu beachten ist, dass der Leiharbeitnehmer während seines Einsatzes den Weisungen des Entleihers unterliegt oder dessen Repräsentanten hinsichtlich der Arbeitsausführung.

Zu unterscheiden sind drei Rechtsbeziehungen: Die Rechtsbeziehung zwischen Verleiher und dem Leiharbeitnehmer. Die zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer und die zwischen Verleiher und dem Entleiher. Vertragliche Beziehungen bestehen nur zwischen Verleiher und Entleiher in Form eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrag sowie zwischen Verleiher und Arbeitnehmer in Form eines Leiharbeitsvertrags. Eine arbeitsvertragliche Beziehung zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher besteht hingegen nicht.

Wird ein Arbeitnehmer in einem Gemeinschaftsbetrieb beschäftigt, liegt keine Arbeitnehmerüberlassung vor, da es sich nicht um eine Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation handelt.

 

4.1      Wie lange darf ein Arbeitnehmer überlassen werden?

Nach § 1 Abs. 1 S. 4, Abs. 1b AÜG darf der Verleiher denselben Leiharbeitnehmer nicht länger als 18 aufeinander folgende Monate demselben Entleiher überlassen. Darüber hinaus darf der Entleiher denselben Leiharbeitnehmer nicht länger als 18 aufeinander folgende Monate tätig werden lassen. § 9 Abs. 1 Nr. 1b AÜG enthalt eine Sanktion für Zuwiderhandlungen gegen die maximale Beschäftigungsdauer von 18 Monaten. Entscheidend ist die Dauer des tatsächlichen Einsatzes beim Entleiher. Aus diesem Grund werden auch Zeiten der Überlassung desselben Arbeitnehmers von verschiedenen Verleihern zusammengerechnet. Kurzweilige Unterbrechungen haben keinen Einfluss auf die Höchstüberlassungsdauer. Nach § 1 Abs. 1b S. 2 AÜG werden Unterbrechungen erst ab einer Dauer von drei Monaten berücksichtigt. Ebenfalls unberücksichtigt bleiben urlaubsbedingte oder krankheitsbedingte Unterbrechungen sowie arbeitsfreie Tage.

Zu berücksichtigen ist die Übergangsregelung des § 19 Abs. 2 AÜG, wonach Überlassungszeiten vor dem 1.4.2017 bei der Berechnung der Überlassungshöchstdauer nicht berücksichtigt werden.

Nach § 1 Abs. 1b S. 3 AÜG kann in einem Tarifvertrag von Tarifvertragsparteien der Einsatzbranche eine von den 18 Monaten abweichende Überlassungshöchstdauer festgelegt werden. Darüber hinaus können nach § 1 Abs. 1b S. 4 AÜG im Geltungsbereich eines Tarifvertrages nach Satz 3 abweichende Regelungen im Betrieb eines nicht tarifgebundenen Entleihers durch Betriebs- oder Dienstvereinbarung übernommen werden. Wichtig ist allerdings, dass der jeweilige Tarifvertrag eine Überlassungshöchstdauer festlegt. Eine zeitlich nicht begrenzte Möglichkeit zur Überlassung darf er nicht vorsehen.

 

4.2      Was gilt bei einer verdeckten Arbeitnehmerüberlassung?

Eine verdeckte Arbeitnehmerüberlassung liegt vor, wenn Arbeitnehmer im Rahmen eines bloß formal als Werkvertrag bezeichneten Vertrag an einen Dritten überlassen werden. Zugleich hat der angebliche Werkunternehmer eine Verleiherlaubnis vorrätig gehalten, ihr Vorliegen aber verschwiegen. Um einer illegalen Arbeitnehmerüberlassung entgegenzuwirken wurde in § 1 Abs. 1 S. 5 u. 6 AÜG das sog. Offenlegungsgebot geregelt. Nach S. 5 haben Verleiher und Entleiher die Überlassung von Leiharbeitnehmern in ihrem Vertrag ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung zu bezeichnen, bevor sie den Leiharbeitnehmer überlassen und tätig werden lassen. Nach S. 6 haben sie vor der Überlassung die Person des Leiharbeitnehmers unter Bezugnahme auf diesen Vertrag zu konkretisieren. Die Regelung des S. 6 ist so zu verstehen, dass der Name des überlassenen Arbeitnehmers vor seinem Einsatz entsprechend dem geschlossenen Vertrag vom Verleiher dem Entleiher mitzuteilen ist.

Handeln die Parteien dem Offenlegungsgebot zuwider ergeben siech die Rechtsfolgen aus § 16 Abs. 1 Nr. 1c, 1d und Abs. 2 AÜG. Danach kann ein Verstoß mit einer Geldbuße bis zu dreißigtausend Euro geahndet werden. Bei einer Zuwiderhandlung gegen § 1 Abs. 1 S. 5 u. 6 AÜG ergeben sich die Rechtsfolgen aus § 9 Abs. 1 Nr. 1a und § 10 AÜG.