Wettbewerbsverbote während des Arbeitsverhältnisses

1.    Was ist ein Wettbewerbsverbot?

Nach § 241 Abs. 2 BGB ist der Arbeitnehmer grundsätzlich dazu verpflichtet auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen. Aus dieser Rücksichtnahmepflicht lässt sich außerdem ableiten, dass der Arbeitnehmer die Ziele und Zwecke des Arbeitgebers fördern und unterstützen muss. Hierunter fällt auch die Pflicht zum Unterlassen von Wettbewerb während des rechtlichen Bestandes des Arbeitsverhältnisses (sog. Wettbewerbsverbot).

Das Wettbewerbsverbot ist für Kaufmännische Angestellte ausdrücklich in den §§ 60, 61 HGB normiert. Die Regelungen werden auf alle anderen Arbeitnehmer analog, dh entsprechend, angewendet. Nach § 60 Abs. 1 HGB darf der Handlungsgehilfe ohne Einwilligung des Prinzipals (Arbeitgeber) weder ein Handelsgewerbe betreiben noch in dem Handelszweig des Prinzipals für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen.

Zu berücksichtigen ist, dass sowohl vertragliche als auch gesetzliche Wettbewerbsbeschränkungen mit der in Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG geregelten Berufsfreiheit des Arbeitnehmers kollidieren. Aus diesem Grund sind sie nur rechtmäßig, wenn sie dem Arbeitnehmer nach den Umständen des Einzelfalls zuzumuten sind und einem zu billigenden Interesse des Arbeitgebers entsprechen. Die Berufsfreiheit ist deshalb bei der Beurteilung der Reichweite des Wettbewerbsverbots immer zu berücksichtigen.

 

2.    Wann gilt das Wettbewerbsverbot?

Die Regelung des § 60 HGB konkretisiert die arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB. Das Wettbewerbsverbot gilt deshalb grundsätzlich nur solange wie das Arbeitsverhältnis besteht. Maßgeblich hierfür ist der rechtliche Bestand. Aus diesem Grund gilt das Verbot auch während einer angeordneten Kurzarbeit oder der Elternzeit. Etwas anderes kann sich ergeben, wenn zwischen den Parteien vereinbart wurde, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft beispielweise während der Elternzeit anderweitig verwerten darf.

Wird der Arbeitgeber wirksam entlassen, endet hiermit regelmäßig das Wettbewerbsverbot. Zu beachten ist, dass das Verbot während eines Kündigungsschutzprozesses über den in der Kündigung benannten Beendigungszeitpunkt hinaus besteht.

Ebenfalls zu berücksichtigen ist, dass ein fehlerhaftes Arbeitsverhältnis mit Invollzugsetzung wie ein fehlerfreies behandelt wird. Auch dann gilt das Wettbewerbsverbot nach § 60 HGB.

§ 60 Abs. 1 HGB gilt grundsätzlich nicht für das Ruhestandsverhältnis.

 

3.    Was genau ist verboten?

Nach § 60 Abs. 1 Alt. 1 HGB ist es zunächst verboten ein eigenes Handelsgewerbe zu betreiben. Ein solches Gewerbe betreibt der Arbeitnehmer dann, wenn er das Gewerbe für eigene oder fremde Rechnung betreibt, sich als persönlich haftender Gesellschafter an einer Personengesellschaft beteiligt, ein anderer unter seinem Namen handelt, oder wenn er einen Strohmann einsetzt, der im eigenen Namen handelt. Als Handelsgewerbe iSd Vorschrift gelten jedoch nur Handelsgewerbe in dem Geschäfts- und Marktbereich des Prinzipals. Eine sonstige gewerbliche Tätigkeit, die nicht derselben Art des Arbeitgebers entspricht, ist erlaubt. Ob das Gewerbe in demselben Handlungszweig stattfindet, ist durch eine wirtschaftliche Betrachtungsweise zu ermitteln. Entscheidend ist deshalb, inwieweit die Tätigkeit den Interessen des Arbeitgebers zuwiderläuft. Die Bestellung zum Geschäftsführer einer an demselben Markt tätigen GmbH fällt auch unter § 60 Abs. 1 Alt. 1 HGB. Von dem Verbot nicht erfasst ist das bloße Vorbereiten eines eigenen Handelsgewerbes, soweit die Vorbereitung noch nicht als Betrieb eines Gewerbes zu deuten ist. Erlaubt ist deshalb beispielsweise das Anmieten von Geschäftsräumen, der Erwerb von Waren und das Einstellen von Arbeitnehmern.

Darüber hinaus ist es dem Handlungsgehilfen nach § 60 Abs. 1 Alt. 2 HGB untersagt in dem Handelszweig des Prinzipals für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte zu machen. Geschäft in diesem Sinne ist jede spekulative, auf Gewinn gerichtete Teilnahme am Geschäftsverkehr. Entscheidend ist allein, ob der Arbeitnehmer die Leistungen im Marktbereich des Arbeitgebers anbietet. Das tatsächliche Erbringen der Leistungen ist nicht erforderlich. Wichtig ist, dass nur eine Konkurrenztätigkeit gegenüber dem Arbeitgeber verboten ist. Bei konzernmäßigen Verbindungen besteht deshalb beispielsweise kein Verbot gegenüber der Muttergesellschaft. Für das Feststellen einer Konkurrenztätigkeit ist auf den Zeitpunkt der Tätigkeit selbst abzustellen. Das Verbot erstreckt sich nicht auf das Befriedigen eigener, privater Bedürfnisse sowie das Anlegen eigener Vermögenswerte im Tätigkeitsbereich des Arbeitgebers. Ebenfalls nicht erfasst sind Buchführungs-, Schreib- oder Verpackungsarbeiten, da diesen Tätigkeiten der Wettbewerbscharakter fehlt.

Andere berufliche Nebentätigkeiten sind dem Arbeitnehmer grundsätzlich erlaubt, außer er kann deshalb seinen Pflichten aus dem Arbeitsvertrag nicht mehr nachkommen.

 

4.    Welche Folgen hat ein Wettbewerbsverstoß?

§ 60 HGB ist kein Verbotsgesetz iSv § 134 BGB. Die trotz des Verbots aus § 60 Abs. 1 HGB getätigten verbotenen Geschäfte sind deshalb grundsätzlich wirksam. Ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot berechtigt den Arbeitgeber jedoch zu einer ordentlichen, gegebenenfalls auch zu einer außerordentlichen Kündigung des Arbeitnehmers. Regelmäßig muss vor der Kündigung eine Abmahnung erfolgen. Bei der kündigungsbedingten Interessenabwägung sind die beanstandungsfreie Dauer des Arbeitsverhältnisses, das Gewicht und die nachteiligen Folgen der Vertragspflichtverletzung, eine mögliche Wiederholungsgefahr und der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers zu berücksichtigen.

Daneben kann der Arbeitgeber auch während des Bestandes des Arbeitsverhältnisses einen Unterlassungsanspruch geltend machen. Voraussetzung hierfür ist das Befürchten weiterer Beeinträchtigungen.

Außerdem kann arbeitsvertraglich eine Vertragsstrafe vereinbart werden, die im Falle eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot zu zahlen ist. Ist die Vertragsstrafe in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelt, steht dem § 309 Nr. 6 BGB nicht entgegen, da die Besonderheiten des Arbeitsrechts zu berücksichtigen sind. Die Verweigerung der Vergütungszahlung durch den Arbeitgeber ist nicht möglich.

Darüber hinaus kann der Arbeitgeber gemäß § 61 Abs. 1 HGB Schadensersatz fordern, wenn der Handlungsgehilfe die ihm nach § 60 HGB obliegende Verpflichtung verletzt. Der Arbeitgeber muss dann beweisen, dass ihm durch die Konkurrenztätigkeit ein Schaden entstanden ist. Hierzu zählt gemäß § 252 BGB auch der entgangene Gewinn.

Anstelle des Schadensersatzes kann der Arbeitgeber nach § 61 Abs. 1 HGB auch verlangen, dass der Handlungsgehilfe die für eigene Rechnung gemachten Geschäfte als für Rechnung des Prinzipals eingegangen gelten lasse und die aus Geschäften für fremde Rechnung bezogene Vergütung herausgebe oder seinen Anspruch auf die Vergütung abtrete. Der Arbeitgeber kann also sinnbildlich an die Stelle des Arbeitnehmers treten. In diesem Fall muss der Arbeitgeber keinen Schaden nachweisen. Zu berücksichtigen ist aber, dass der Arbeitgeber entweder Schadensersatz fordern oder in die Geschäfte des Arbeitnehmers eintreten kann. Das fordern von Schadensersatz und die anschließende Ausübung des Eintrittsrechts ist nicht möglich.

Besteht die hohe Wahrscheinlichkeit eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot und kann der Arbeitgeber dies beweisen, ist der Arbeitnehmer gemäß § 242 BGB dazu verpflichtet, über die von ihm getätigten Geschäfte Auskunft zu geben und Rechnung zu legen.

Die Ansprüche aus § 61 Abs. 1 HGB verjähren gemäß Abs. 2 in drei Monaten von dem Zeitpunkt an, in welchem der Arbeitgeber Kenntnis von dem Abschluss des Geschäfts erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Ohne Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis verjähren sie in fünf Jahren von dem Abschluss des Geschäfts an.

 

5.    Kann der Arbeitgeber einer wettbewerblichen Tätigkeit des Arbeitnehmers zustimmen?

Ja. Es besteht die Möglichkeit einer Einwilligungserklärung. Der Arbeitgeber kann somit erlauben, dass der Arbeitnehmer ein Handelsgewerbe betreibt oder Geschäfte in seinem Handelszweig macht. In einem solchen Fall unterliegt der Arbeitnehmer nicht dem Wettbewerbsverbot aus § 60 HGB. Die Einwilligung kann sich sowohl auf einzelne Konkurrenzgeschäfte sowie auf jegliche Konkurrenztätigkeit beziehen. Schreitet der Arbeitgeber bei Kenntnis der Konkurrenzgeschäfte des Arbeitnehmers nicht ein, kann regelmäßig eine konkludente Einwilligung angenommen werden. Ob und in welchem Umfang eine solche Einwilligung vorliegt, muss der Arbeitnehmer beweisen.

Hat der Arbeitgeber die Einwilligung erteilt, kann er diese nicht einseitig zurücknehmen. Etwas anderes gilt nur, wenn ein Widerrufsrecht vereinbart wurde. Ist die Einwilligung unwiderruflich erklärt worden, kann sie nur im Wege der Änderungskündigung oder einer einvernehmlichen Vertragsänderung beseitigt werden.