Elternzeit
1. Was ist grundsätzlich zu beachten?
Die Elternzeit und der damit einhergehende Anspruch auf Elterngeld ist im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) geregelt. Sinn und Zweck der Elternzeit und des Elterngeldes ist die Förderung der Betreuung und Erziehung des Kindes in den ersten Lebensjahren. Durch das Elterngeld soll es Vater und Mutter ermöglicht werden, im Anschluss an die Mutterschutzfrist nach der Geburt auf eine Erwerbstätigkeit zu verzichten. Ziel ist es, den Eltern zu ermöglichen, sich in der Frühphase der Elternzeit selbst um das Kind kümmern zu können. Zur Erreichung dieses Ziels erhält der betreuende Elternteil als Einkommensersatzleistung einen nach seinem Verdienst bemessenen Ausgleich.
2. Wann besteht ein Anspruch auf Elternzeit?
Nach § 15 Abs. 1 S. 1 BEEG haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen Anspruch auf Elternzeit, wenn sie mit ihrem Kind oder unter gewissen Voraussetzungen mit einem anderen Kind in einem Haushalt leben und dieses Kind selbst betreuen und erziehen. Der Anspruch auf Elternzeit besteht nach Abs. 2 bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres eines Kindes. Der Anspruch ist privatrechtlich und beinhaltet die unbezahlte Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeit aus Anlass der Betreuung des Kindes. Ein gleichzeitiger Anspruch auf Elterngeld muss nicht zwangsläufig bestehen. Ebenfalls nicht erforderlich ist die Zustimmung des Arbeitgebers. Während der Elternzeit ruhen die wechselseitigen Hauptpflichten aus dem Arbeitsvertrag, also Arbeits- und Vergütungspflicht. Mithin schuldet der Arbeitnehmer keine Arbeitsleistung und der Arbeitgeber keine Vergütung.
Der Arbeitgeber hat für die Inanspruchnahme der Elternzeit die nach § 16 BEEG geltenden Ankündigungsfristen zu beachten. Nach Abs. 1 der Vorschrift muss derjenige wer Elternzeit beanspruch will, sie für den Zeitraum bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes spätestens sieben Wochen vor Beginn der Elternzeit schriftlich vom Arbeitgeber verlangen. Der Arbeitgeber selbst soll die Elternzeit nach § 16 Abs. 1 S. 8 BEEG lediglich bescheinigen. Aus § 16 Abs. 1 S. 2 BEEG ergibt sich außerdem, dass der Arbeitnehmer in seinem schriftlichen Verlangen gleichzeitig zu erklären hat, für welche Zeiten er innerhalb von zwei Jahren Elternzeit nehmen wird. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit die volle dreijährige Elternzeit in Anspruch zu nehmen.
Eine Abweichung von den gesetzlichen Regelungen zur Elternzeit ist weder einzelvertraglich noch durch Betriebsvereinbarung oder Tarifverträge möglich. Auch eine Vereinbarung, die lediglich die arbeitsrechtliche Stellung des Arbeitnehmers vor oder nach der Elternzeit nachteilig beeinflusst, ist nicht zulässig.
3. Wer hat einen Anspruch auf Elternzeit?
Nach § 15 Abs. 1 BEEG sind anspruchsberechtigt zunächst alle Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Darüber hinaus können die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten sowie Heimarbeiter und die ihnen Gleichgestellten Elternzeit beanspruchen (§ 20 Abs. 1 und 2 BEEG). Freie Mitarbeiter und arbeitnehmerähnliche Personen haben hingegen keinen Anspruch auf Elternzeit.
Entscheidend ist ausschließlich, dass das Arbeitsverhältnis deutschem Recht unterliegt. Wo der Anspruchsberechtigte seinen Wohnsitz hat ist nicht maßgeblich. Ebenfalls nicht von Belang ist, ob es sich um ein unbefristetes, befristetes oder Teilzeitarbeitsverhältnis handelt.
Für den Fall, dass der Arbeitnehmer in zwei Arbeitsverhältnisses steht, hat er ein Wahlrecht. Er kann entweder in beiden oder auch nur in einem Arbeitsverhältnis Elternzeit beanspruchen.
Auch Großeltern können nach § 15 Abs. 1a BEEG anspruchsberechtigt sein, sofern sie mit ihrem Enkelkind in einem Haushalt leben und dieses Kind selbst betreuen und erziehen und ein Elternteil des Kindes minderjährig ist oder ein Elternteil des Kindes sich im letzten oder vorletzten Jahr einer Ausbildung befindet, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres begonnen wurde und die Arbeitskraft des Elternteils im Allgemeinen voll in Anspruch nimmt.
4. Wie lange dauert die Elternzeit?
Der Anspruch auf Elternzeit besteht gemäß § 15 Abs. 2 S. 1 BEEG bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres eines Kindes. Gemeint ist damit das Ende des Tages, der dem Geburtstag vorausgeht. Aus § 15 Abs. 2 S. 3 BEEG ergibt sich einerseits, dass die Mutterschutzfrist nach § 3 Abs. 2 und 3 MuSchG angerechnet wird und andererseits, dass diese Anrechnung nur für die Elternzeit der Mutter erfolgt. Nach § 15 Abs. 2 S. 4 BEEG besteht der Anspruch auf Elternzeit bei mehreren Kindern für jedes Kind, auch wenn sich die Zeiträume überschneiden. Dies hat zur Folge, dass die Elternzeit für ein zweites Kind erst mit Ende der Elternzeit für das erste Kind beginnen und über die Vollendung des dritten Lebensjahres des zweiten Kindes übertragen werden kann.
Darüber hinaus besteht gemäß § 15 Abs. 2 S. 2 BEEG die Möglichkeit ein Anteil von bis zu 24 Monaten zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes in Anspruch zu nehmen. Zu beachten ist, dass der Arbeitnehmer die Elternzeit für diesen Zeitraum gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 BEEG spätestens 13 Wochen vor Beginn der Elternzeit schriftlich ankündigen muss. Nach § 16 Abs. 1 S. 7 BEEG kann der Arbeitgeber die Inanspruchnahme eines dritten Abschnitts der Elternzeit innerhalb von acht Wochen nach Zugang des Antrags aus dringenden betrieblichen Gründen ablehnen, wenn dieser Abschnitt im Zeitraum zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes liegen soll. Dringende betriebliche Gründe liegen nur vor, wenn eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Belange zu erwarten ist.
Wechselt der in Elternzeit befindliche Arbeitnehmer den Arbeitgeber, kann er den Rest der beim bisherigen Arbeitgeber noch nicht vollständig genommenen Elternzeit für die ersten drei Lebensjahre des Kindes beim neuen Arbeitgeber auch in der Probezeit zu Beginn des Arbeitsverhältnisses geltend machen. Dies hat ein Kündigungsverbot nach § 18 BEEG zur Folge.
Eine einseitige vorzeitige Beendigung der Elternzeit durch den Arbeitnehmer ist grundsätzlich nicht möglich. Nach § 16 Abs. 3 BEEG kann die Elternzeit vorzeitig beendet werden, wenn der Arbeitgeber zustimmt.
5. In welchem Verhältnis stehen Elternzeit und Urlaubsrecht?
Auch während der Elternzeit entstehen Urlaubsansprüche. Dies ergibt sich daraus, dass das Arbeitsverhältnis in dieser Zeit grundsätzlich fortbesteht und die Urlaubsansprüche unabhängig von einer Arbeitsleistung entstehen. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass der Arbeitnehmer während der Elternzeit seinen Urlaub nicht in Anspruch nehmen kann, da das Arbeitsverhältnis während der Elternzeit ruht.
Gemäß § 17 Abs. 1 S. 1 BEEG kann der Arbeitgeber den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin für das Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen. Von dieser Regelung betroffen ist jeglicher Erholungsurlaub. Das Kürzungsrecht des Arbeitgebers setzt ein Elternzeitverlangen nach § 16 Abs. 1 S. 1 BEEG voraus. Eine pauschale Kürzung des Urlaubsanspruchs für den Fall einer zukünftig eintretenden Elternzeit ist nicht möglich.
Zu beachten ist, dass bei der Kürzung auf vollendete Kalendermonate abzustellen ist. Besteht die Elternzeit beispielweise vom 2.11. bis zum 30.12. scheidet eine Kürzung aus. Die Berechnung erfolgt so, dass zunächst ermittelt wird, welcher Urlaubsanspruch dem Arbeitnehmer ohne Elternzeit zustehen würde. Im Anschluss wird dieser Anspruch für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um 1/12 gekürzt.
6. Ist eine Erwerbstätigkeit während der Elternzeit zulässig?
Ja. Der in Elternzeit befindliche Arbeitnehmer darf einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Dies ergibt sich aus § 15 Abs. 4 S. 1 BEEG. Danach darf der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin während der Elternzeit nicht mehr als 32 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats erwerbstätig sein. Unter dem Begriff der Erwerbstätigkeit versteht man jede selbständige oder unselbständige Beschäftigung, die gegen Zahlung eines Entgelts verrichtet wird. Nach § 15 Abs. 4 S. 3 BEEG bedürfen Teilzeitarbeit bei einem anderen Arbeitgeber oder selbständige Tätigkeit nach S. 1 der Zustimmung des Arbeitgebers. Eine Ablehnung ist nach Abs. 4 S. 4 BEEG nur innerhalb von vier Wochen aus dringenden betrieblichen Gründen schriftlich möglich. Lässt der Arbeitgeber diese Frist ohne Ablehnung der Zustimmung verstreichen, darf der Arbeitnehmer die Tätigkeit aufnehmen.
Ebenfalls möglich ist nach § 15 Abs. 5 BEEG die Verrichtung einer Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit bei dem eigenen Arbeitgeber.
Für den Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit gelten nach § 15 Abs. 7 BEEG folgende Voraussetzungen:
- Der Arbeitgeber beschäftigt, unabhängig von der Anzahl der Personen in Berufsbildung, in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen,
- das Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen besteht ohne Unterbrechung länger als sechs Monate,
- die vertraglich vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit soll für mindestens zwei Monate auf einen Umfang von nicht weniger als 15 und nicht mehr als 32 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats verringert werden,
- dem Anspruch stehen keine dringenden betrieblichen Gründe entgegen und
- der Anspruch auf Teilzeit wurde dem Arbeitgeber für den Zeitraum bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes sieben Wochen und für den Zeitraum zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes 13 Wochen vor Beginn der Teilzeittätigkeit schriftlich mitgeteilt.
Erfolgt eine Arbeitszeitverkürzung nach § 15 BEEG, endet diese mit Ablauf der Elternzeit. Ab diesem Zeitpunkt hat der Arbeitnehmer die ursprünglich vereinbarten Arbeitszeiten einzuhalten.
7. Wie ist der Kündigungsschutz während der Elternzeit ausgestaltet?
Der Kündigungsschutz des in Elternzeit befindlichen Arbeitnehmers ist in § 18 BEEG geregelt. Nach § 18 Abs. 1 S. 1 BEEG darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ab dem Zeitpunkt, von dem an Elternzeit verlangt worden ist, nicht kündigen. Nach Abs. 1 S. 2 beginnt der Kündigungsschutz frühestens acht Wochen vor Beginn einer Elternzeit zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes und frühestens 14 Wochen vor Beginn einer Elternzeit zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten Lebensjahr des Kindes. Auch während der Elternzeit darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nicht kündigen. Der Kündigungsschutz besteht für alle voll- und teilzeitbeschäftigten, für die in Heimarbeit und die zur Berufsausbildung Beschäftigten. Nach § 18 Abs. 2 BEEG gilt der Kündigungsschutz auch, wenn Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen während der Elternzeit bei demselben Arbeitgeber Teilzeitarbeit leisten oder ohne Elternzeit in Anspruch zu nehmen, Teilzeitarbeit leisten und Anspruch auf Elterngeld nach § 1 BEEG haben.
Zu beachten ist, dass der Kündigungsschutz nach § 18 BEEG nur besteht, wenn zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung sämtliche Anspruchsvoraussetzungen für die Elternzeit vorliegen. Liegen diese Voraussetzungen vor und erfolgt trotzdem eine Kündigung, ist diese gemäß § 134 BGB nichtig. Auch eine Umdeutung in eine Kündigung nach Ablauf der Elternzeit scheidet aus.
Eine Ausnahme von dem Kündigungsverbot kann vorliegen, wenn nach § 18 Abs. 1 S. 4 und 5 BEEG die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Arbeitsbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle die Kündigung ausnahmsweise für zulässig erklärt. Die Zustimmung der Behörde muss vor Ausspruch der Kündigung erfolgen. Wird die Kündigung zuvor ausgesprochen, ist diese nichtig. Ein besonderer Fall kann beispielsweise dann gegeben sein, wenn der Betrieb, in dem der Arbeitnehmer beschäftigt wurde, während der Elternzeit stillgelegt wird und der Arbeitnehmer nicht in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann.