Online-Gründungen und Online-Beglaubigungen ab dem 1. August 2022

Ab dem 1. August 2022 haben Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, Beurkundungen und Beglaubigungen über ein Online-Verfahren durchzuführen. Dabei werden die erforderlichen Dokumente im Rahmen einer Online-Videokonferenz zwischen den Bürgerinnen und Bürgern auf der einen Seite und der Notarin/dem Notar auf der anderen Seite beurkundet und beglaubigt. Ein Präsenztreffen bei der Notarin/dem Notar wird damit nicht mehr nötig sein. Insbesondere für räumlich verstreute Urkundsbeteiligte ist diese Möglichkeit sehr attraktiv, da so eine weite Anreise zur Notarin/zum Notar vermieden werden kann. Der Gang zur Notarin/zum Notar wird neben diesem Angebot des Online-Verfahrens selbstverständlich weiterhin möglich sein.

 

1. Anwendungsbereich des notariellen Online-Verfahrens

Zum Anwendungsbereich des notariellen Online-Verfahrens gehören nach dem Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG) die nachfolgenden Vorgänge:

  • Beurkundungen zur Gründung einer GmbH bzw. einer UG (haftungsbeschränkt) ohne Sacheinlage, einschließlich der im Rahmen der Gründung gefassten Beschlüsse der Gesellschafter (etwa zur Bestellung eines Geschäftsführers) (§ 2 Abs. 3 S. 1 GmbHG k.F.)
  • Beglaubigungen für Handelsregisteranmeldungen (§ 12 Abs. 1 S. 2 HGB k.F.)
    • durch Einzelkaufleute
    • für GmbHs, AGs und KGaAs sowie für Zweigniederlassungen von GmbHs, AGs, KGaAs und EU- bzw. EWR-Kapitalgesellschaften

Diese Vorgänge sind vorerst abschließend, jedoch sieht der Regierungsentwurf des Gesetzes zur Ergänzung der Regelungen zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiREG) eine Ausdehnung des Anwendungsbereiches in zwei Schritten vor. Demnach sind ab dem 1. August 2022 Online-Beurkundungen und Online-Beglaubigungen im zuvor genannten Rahmen möglich. Ab dem 1. August 2023 soll dies auch für Vereinsregisteranmeldungen möglich sein. Außerdem sollen ab diesem Zeitpunkt Online-Gründungen u.a. für bestimmte Gründungen mit Sacheinlagen und einstimmige Beschlüsse vorgesehen sein.

Das Online-Verfahren ist auch im Rahmen einer gemischten Beurkundung möglich (§ 16e BeurkG k.F.). Bei einer gemischten Beurkundung nimmt ein Teil der Urkundsbeteiligten den Termin in Präsenz wahr und ein anderer Teil nimmt mittels des Videokommunikationssystems an der Beurkundung teil. Mit dieser zusätzlichen Wahlmöglichkeit können Beurkundungen und Beglaubigungen nun im Wege dreier Verfahren durchgeführt werden:

  1. dem Präsenzverfahren, wo die Beurkundung/Beglaubigung wie gewohnt in den Räumlichkeiten der Notarin/des Notars oder in den eigenen Räumlichkeiten, zu denen sich die Notarin/der Notar begibt, durchgeführt wird.
  2. dem Online-Verfahren, wo die Beurkundung/Beglaubigung in den gesetzlich zugelassenen Fällen mithilfe eines Videokommunikationssystems durchgeführt wird.
  3. der gemischten Beurkundung, wo ein Teil der Urkundsbeteiligten in Präsenz- und ein anderer Teil online teilnimmt.

Dies räumt zukünftig eine flexible Gestaltung und in vielen Fällen eine weitaus unkompliziertere Organisation der verschiedenen Beurkundungen und Beglaubigungen ein.

 

2. Teilnahmevoraussetzungen und erforderliche Ausweisdokumente

Das Online-Verfahren kann nur unter Erfüllung der technischen und formalen Voraussetzungen auf Bürger- und Notarseite durchgeführt werden. Insbesondere müssen Bürgerinnen und Bürger die folgenden technischen Teilnahmevoraussetzungen erfüllen:

  • Computer, Laptop oder Tablet,
  • Webcam (Auflösung mindestens 480p – dies wird von jeder gängigen Webcam erreicht)
  • Ton/Mikrofon (Standard-Hardware),
  • Internetverbindung (mindestens 6 Mbit/s),
  • Smartphone mit Mobilfunkempfang, NFC Schnittstelle und Notar-App.

Das Smartphone wird für die Identifizierung der Beteiligten benötigt, wozu der Notar nach § 10 Abs. 1 BeurkG verpflichtet ist. Mithilfe des Smartphones wird die eID und das elektronisch gespeicherte Lichtbild ausgelesen. Dafür benötigt das Smartphone die NFC-Schnittstelle, welche in den meisten Smartphones seit 2015 standardmäßig verbaut wird. Eine Liste geeigneter Smartphones für das Online-Verfahren wird unter https://www.ausweisapp.bund.de/mobile-geraete zur Verfügung gestellt. Weiterhin muss für die Teilnahme an dem Online-Verfahren die von der Bundesnotarkammer entwickelte Notar-App installiert werden, die ab 1. August 2022 im Google Play Store und im App Store kostenlos zur Verfügung stehen wird.

Neben den technischen Teilnahmevoraussetzungen müssen Bürgerinnen und Bürger auch die entsprechenden Ausweisdokumente für die Identifizierung durch den Notar nach § 10 Abs. 1 BeurkG bereitstellen. Das sind

  • ein deutscher Personalausweis, ein elektronischer Aufenthaltstitel oder eine Unionsbürgerkarte mit aktivierter Online-Funktion, jeweils nebst Ausweis-PIN. Die PIN wird mit der Ausstellung des Ausweisdokuments übermittelt und kann jederzeit erneut angefordert werden, wenn sie einem nicht (mehr) vorliegt. Auch die Ausweisdokumente anderer EU-Staaten mit eID auf dem Sicherheitsniveau „hoch“ sind möglich.
    à In der Notar-App sowie auf der von der Bundesnotarkammer betriebenen Internetplattform können Bürgerinnen und Bürger vor der Online-Beurkundung testen, ob ihre Ausweisdokumente geeignet sind.
  • für das Auslesen des elektronisch gespeicherten Lichtbilds: Ein deutscher Personalausweis mit Ausstellungsdatum ab 2. August 2021, ein deutscher Reisepass oder elektronischer Aufenthaltstitel (Letztere unabhängig vom Ausstellungsdatum), ein Reisepass aus einem anderem der 30 EWR-Staaten oder verschiedene Ausweisdokumente aus Drittstaaten.
    à Ob das konkrete Ausweisdokument für den zweiten Identifikationsschritt im Online-Verfahren geeignet ist, kann bei der technischen Support-Hotline der Bundesnotarkammer erfragt werden.

Sofern die technischen und formalen Voraussetzungen durch die Urkundsbeteiligten nicht erfüllt werden können, muss die Notarin/ der Notar das Online-Verfahren ablehnen und auf das Präsenzverfahren verweisen. Das gilt insbesondere auch dann, wenn die Identifizierung einer der Beteiligten nicht möglich ist oder die Übertragungsqualität aufgrund technischer Schwierigkeiten (z.B. wegen schlechter Internetverbindung) der Erfüllung der notariellen Amtspflichten entgegensteht.

 

3. Ablauf des notariellen Online-Verfahrens

Über die Internetplattform der Bundesnotarkammer www.notar.de/online-verfahren können Bürgerinnen und Bürger an dem notariellen Online-Verfahren teilnehmen. Dort werden auch Informationen zum Online-Verfahren im Allgemeinen und dem Ablauf einer Online-Beurkundung oder Online-Beglaubigung im Besonderen bereitgestellt.

Für die Anmeldung und Teilnahme müssen sich die Beteiligten zunächst auf der Webseite registrieren und im Rahmen dieser Registrierung mithilfe der Notar-App die eID aus einem der geeigneten Ausweisdokumente auslesen. Anschließend werden Angaben zum Sachverhalt und dem konkreten Anliegen abgefragt und die Möglichkeit eingeräumt, Dokumente hochzuladen. Abschließend kann die Bürgerin/der Bürger aus einer Liste die/den gewünschte/n Notar/in auswählen und den Vorgang an ihr/sein Notarbüro übermitteln. Die Notarin/der Notar nimmt dann Kontakt zu der Bürgerin/dem Bürger auf und bespricht das weitere Vorgehen.

In der späteren Videokonferenz werden die Beteiligten anhand der ausgelesenen eID-Daten sowie anhand des ausgelesenen Lichtbildes durch die Notarin/ den Notar identifiziert. Sofern die technischen und formalen Voraussetzungen erfüllt sind, führt die Notarin/der Notar die Beurkundung oder Beglaubigung durch. Die Dokumente werden zum Abschluss mit einer elektronischen Signatur aller Beteiligten sowie der Notarin/dem Notar versehen. Für die elektronische Signatur erhalten die Beteiligten eine SMS-TAN auf ihr Smartphone, welche sie auf der Internetplattform eingeben. Dadurch wird eine Fernsignatur ausgelöst.

Nach dem signieren der Dokumente ist die Online-Beurkundung/die Online-Beglaubigung abgeschlossen und die Videokonferenz kann beendet werden. Mithilfe von Push-Mitteilungen über die Notar-App werden die Bürgerinnen und Bürger über den aktuellen Stand des Verfahrens informiert.

Es besteht auch die Möglichkeit, dass ein Online-Verfahren auf Notarseite gestartet wird. Sofern die Urkundsbeteiligten schon vorab mit der Notarin/ dem Notar oder seinen Mitarbeiter/innen in Kontakt war, kann auch von Seiten des Notarbüros ein Einladungslink für das Online-Verfahren an die Beteiligten versendet werden.

 

4. Gemischte Beurkundung

Wie zuvor erwähnt, sind auch gemischte Online-Beurkundungen möglich. Bei einer gemischten Beurkundung bereitet die Notarin/ der Notar eine herkömmliche Niederschrift in Papierform und eine elektronische Niederschrift der Urkunde vor. Die zugeschalteten Beteiligten versehen nach dem Verlesen der Urkunde durch die Notarin/ den Notar die elektronische Niederschrift mit einer elektronischen Signatur, während die anwesenden Beteiligten die Niederschrift in Papierform unterzeichnen. Beide Niederschriften bilden dann zusammen die abschließende Urkunde, die von der Notarin/dem Notar unter der gleichen Urkundenverzeichnisnummer verwahrt wird. Für die online zugeschalteten Urkundsbeteiligten verläuft die Beurkundung wie zuvor beschrieben ab.

 

Die Möglichkeit des Online-Verfahrens stellt einen weiteren, willkommenen Schritt in Richtung Digitalisierung dar. Gerne informieren wir Sie weitergehend darüber und beantworten Ihre Fragen. Sprechen Sie uns gerne an und wir prüfen gemeinsam, ob wir Ihr Anliegen über eine Online-Beurkundung oder Online-Beglaubigung durchführen können. Für die Umsetzung der formalen und technischen Voraussetzungen finden Sie in unserem Downloadbereich eine Checkliste, die Ihnen bei der Vorbereitung Ihres Online-Termins behilflich ist.

 


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